Quedlinburg Quedlinburg: Im Postamt gibt es bald auch Massagen

Quedlinburg - Um 1880 errichtet, war sie damals die modernste Post- und Telegrafenstation Deutschlands. So steht es in den Archiven. Inzwischen steht das imposante, denkmalgeschützte Gebäude an der Quedlinburger Bahnhofstraße bis auf den durch die Postbank genutzten Bereich seit Jahren leer.
Das soll sich ändern: Die Arbeiten für eine Sanierung und einen Umbau des Gebäudes haben bereits begonnen. Neben der Postbank, die Mieter bleibt, soll es künftig auch für medizinische und therapeutische Zwecke genutzt werden. Mitte August soll hier das Zentrum für Ambulante Physiotherapie des Harzklinikums, das derzeit noch Räume in der Magdeburger Straße nutzt, einziehen. Für die Arbeiten investiert der Eigentümer des Gebäudes - eine Investorengemeinschaft aus der Region - eine Summe im siebenstelligen Bereich. Eine genaue Zahl wurde nicht genannt.
Parkplätze für Mieter und Kunden
Das Gebäude war vor einigen Jahren, als die Post sich von Immobilien trennte, an einen Investor veräußert worden. Als dieser es nun zum Verkauf anbot, entschloss sich die Investorengemeinschaft zum Erwerb. „Das Gebäude ist durch die Lage in der Innenstadt interessant, und es hat eine architektonische Qualität, die wir auch erhalten und restaurieren wollen. Es ist ein Einzeldenkmal, und wir befinden uns hier in der Welterbestadt“, sagt Architekt Jörg Gardzella, der das Vorhaben betreut und auch Mitglied der Investorengruppe ist. Hinzu kam, dass auf dem Grundstück des Postgebäudes Parkplätze vorhanden sind, die auch für Mieter und Kunden erhalten bleiben sollen.
In Quedlinburg sei er bereits tätig gewesen, sagt der Architekt und nennt beispielsweise den Umbau des heutigen Koba-Gebäudes oder die Sanierung des Bildungshauses „Carl Ritter“. Seit vielen Jahren auch als Krankenhausarchitekt arbeitend, habe er unter anderem den Neubau der Geriatrie des Harzklinikums entworfen, der derzeit errichtet werde.
Durch die Zusammenarbeit mit dem Klinikum habe er auch gehört, dass dieses Änderungen bei seiner zentralen ambulanten Physiotherapie erwäge. „Wir haben in der Investorengemeinschaft ein solches Projekt geprüft. Die Planung wurde dann in enger Abstimmung mit dem Leiter der Physiotherapie entwickelt“, so der Architekt.
Ambulante Physiotherapie des Harzklinikums zieht ein
Mit dem Umbau wird die Postbank die Bereiche, die sie nutzt, auf der linken Seite des Erdgeschosses konzentrieren und sie zur Hofseite hin erweitern, erläutert Jörg Gardzella. Die weiteren Flächen im Erdgeschoss sind derzeit noch nicht vergeben. Wie der Architekt sagt, ist dem Harzklinikum aber die Option eingeräumt worden, weitere Bereiche in dem Gebäudekomplex zu mieten.
Die ambulante Physiotherapie des Harzklinikums wird in das Obergeschoss des Hauptgebäudes und in den ehemaligen Paketschuppen auf dem Hof einziehen. Im Obergeschoss werden eine Anmeldung und medizinische Behandlungsräume entstehen. Dabei sollen bis auf den Zugangsbereich der historische Flur ebenso erhalten bleiben wie die Türen, die aufgearbeitet werden.
Im Bereich des ehemaligen Paketschuppens entsteht in dem hier vorhandenen großen Raum ein Fitnessbereich für medizinisch-therapeutisches Training sowohl für Patienten als auch für Dritte, erläutert der Architekt. In den Nebenbereichen sind Umkleide- sowie Aufenthaltsräume für die Mitarbeiter vorgesehen. „Auch die Anlieferungsrampe, die aus der Entstehungszeit um 1880 stammt, bleibt erhalten, weil sie zum Denkmal dazugehört“, sagt Jörg Gardzella. Sie könne als überdachte Erweiterung der Innenfläche ebenfalls als Trainings- oder als Aufenthaltsbereich genutzt werden.
Gebäude wird für Rollstuhlfahrer passierbar
Das Gebäude wird sowohl für die Postbank als auch für die Physiotherapie barrierefrei erschlossen. Dafür wird auf der Hofseite ein Aufzug in das Gebäude eingebaut, mit dem alle Ebenen und Etagen erreicht werden können, ohne Stufen überwinden zu müssen - bis hin zum Dachgeschoss, dessen Ausbau derzeit noch nicht vorgesehen ist, aber später erfolgen könnte. Ein zweiter Aufzug wird die Physiotherapie im ersten Obergeschoss des Hauptgebäudes mit dem Bereich des medizinisch-therapeutischen Trainings im ehemaligen Paketschuppen verbinden.
Geplant sind auch Arbeiten an der Gebäudehülle. Diese umfassen zum einen die Fenster - bis auf jene, die vor Jahren im Bereich der Postbank überarbeitet wurden. „In Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde werden wir einige als Referenzfenster aufarbeiten, die übrigen sollen nach historischem Vorbild neu gefertigt werden“, erläutert der Architekt. „Es gilt Erhaltung vor Austausch. Doch die Fenster hatten schon bauliche Mängel, als sie damals eingebaut wurden.“
Bleiglasfenster werden rekonstruiert
Auch die bleiverglasten Fenster im Treppenhaus sollen rekonstruiert, die Türen aufgearbeitet werden. Vorgesehen sind ebenso Arbeiten an der Fassade, die zwar optisch zunächst einen guten Eindruck macht, an der beim näheren Herangehen aber etliche Schäden sichtbar werden, so der Architekt. Sie bestehe aus vorgehängten Sandsteinplatten, die sich teils lösen und an denen sich Verkrustungen gebildet haben.
Die Arbeiten an der Fassade bedeuten einen „erheblichen Aufwand“, so der Architekt. Sie würden aus dem Programm Stadtumbau Ost gefördert. „Das ist für uns eine Grundvoraussetzung gewesen, das Gebäude überhaupt wirtschaftlich umbauen zu können“, sagt Jörg Gardzella. „Da gibt es ein gutes Miteinander mit der Baubecon in Quedlinburg.“ Die Baubecon ist als Sanierungsträger tätig und betreut städtebauliche Maßnahmen. (mz)

