1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Quedlinburg: Quedlinburg: Ein Schiff im Kirchenschiff

Quedlinburg Quedlinburg: Ein Schiff im Kirchenschiff

Von rita kunze 18.07.2012, 16:19

quedlinburg/MZ. - Wie schwerelos verharrt das Schiff in der Luft, still und mächtig. Es schwebt mitten in einer Kirche. Die fragile Konstruktion aus Draht, Weidenruten und Papier ist symbolträchtig. Dahinter steht eine Geschichte.

Ein Foto hat Katrin Ruhnau, Papierkünstlerin in Quedlinburg, zu der in der Blasiikirche gezeigten Arbeit inspiriert. Eine Zeitung hatte das Bild mit einem Bericht über so genannte Boatpeople veröffentlicht: Menschen, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben in überladenen Booten aus ihrer Heimat flüchten. Ihr Schicksal hat die Künstlerin bewegt. Das Boot im Kirchenschiff ist daher für sie eine Collage, zusammengefügt aus dem Papier von spanischen und arabischen Zeitungen. "Eine davon hieß ausgerechnet 'economica', und das ist jetzt auch der Name des Bootes", sagt Ruhnau.

In den Fenstern der Kirche hängen noch andere, kleinere Papierschiffe, jedes in einem ganz eigenen Stil und besonderer Faszination. Sie alle sind Metaphern, aber weniger für die Künstlerin selbst als vielmehr für ihre Betrachter: "Egal, was so ein Boot für mich ist", sagt Katrin Ruhnau, "wer sich eins aussucht, der hat eine Geschichte dazu. Die Boote werden symbolträchtig, zum Beispiel als Geschenke für eine Hochzeit oder eine große Reise. Am Ende hat alles immer etwas mit Hoffnung zu tun. Es ist die Hoffnung, die einen antreibt."

Dieser Hoffnungsgedanke ist auch der Malerin Anke Straka wichtig: "Wir haben die Möglichkeit, das sichtbar zu machen", sagt sie mit Blick auf die gemeinsame Ausstellung. Sie zeigt in der Blasiikirche ihre berühmten Blumenbilder: bestechend schön, fragil, eindringlich. Ihr Stil erinnert an fernöstliche Malerei. Für Anke Straka ist dies "der Blick auf die Schöpfung, in der wir uns als Menschen zurücknehmen". Die Pflanzen und Früchte, die sie malt, nimmt sie von der Natur mit in ihre Werkstatt, wo die Arbeit dann einer gewissen Dringlichkeit und Intensität unterliegt: Blüten welken schnell, vor allem im Sommer, wenn es heiß ist.

Was in der Blasiikirche zu sehen ist, nennt sie "Werkstattarbeit": Martin Straka, ihr Mann, baut die Rahmen und zieht die Leinwand auf, darauf kommt Büttenpapier. Dann beginnt Anke Straka mit ihrer Arbeit. Der Entstehungsprozess hat für sie etwas Meditatives, denn er fordert Ausschließlichkeit ein: "Man muss sich ganz darauf einlassen." Diese absolute Hingabe spiegelt sich in den Bildern wider, deren Wirkung sich der Betrachter kaum entziehen kann: Natur in ihrer reinen, schönen Form.

Die beiden Künstlerinnen verstehen sich als Wegbegleiterinnen. Vor fünf Jahren hatten sie schon einmal eine gemeinsame Ausstellung gezeigt. Die Blasiikirche - sie war auch damals das künstlerische Podium - ist für sie "ein wunderbarer Ausstellungsraum".

Dass diese kleine Stadt Künstlern so viele Möglichkeiten bietet, "das ist grandios", sagt Anke Straka, die seit 36 Jahren in Quedlinburg lebt und lange Zeit durch das Kunsthaus Vith vertreten wurde.