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Quedlinburg Quedlinburg: Durch die Hölle in die Pölle

Von Gerd ALpermann 21.12.2011, 17:33

Quedlinburg/MZ. - Von außen sieht es riesig aus. Doch tief ist das Haus nur sieben Meter. Riesig ist die Pölle 46 in Quedlinburg also nicht, groß aber schon. Und sehr sanierungsbedürftig. Thomas Labusiak sieht vor seinem geistigen Auge aber schon, was in welchem Zimmer später mal sein wird, welche Wände heraus müssen und was unbedingt erhalten werden sollte.

Der Kustos für die Domschätze in Quedlinburg und Halberstadt und seine Frau Miriam haben in beiden Städten nach einem Haus gesucht. Fündig sind sie in Quedlinburg geworden. Derzeit wohnen sie im Stieg und später nur wenige Meter weiter in der Pölle. Ihr Weg führt über die Hölle, denn dort hat das begleitende Architekturbüro q-batur seinen Sitz. Der Bauherr öffnete auf der Baustelle für die MZ alle Türen. Mancher Weg ist abenteuerlich, denn da klafft doch in der Decke ein metergroßes Loch. Andere Schritte führen über alte, am Boden liegende Verschalungen der Decke, die bereits entfernt worden sind: "Vorsicht, da ragen Nägel heraus!"

Das Grundstück Pölle 46 zieht sich bis zum Mühlgraben hin. An das Vorderhaus schließen sich zwei Seitengebäude an und am Wasser ist ein Garten möglich. Einmal durchmessen bis zum Mühlgraben, zeigt sich Weiträumigkeit. Zurück am rechten Anbau, erscheint nach dem Öffnen der Tür ein riesiger Raum, unverputzt die Wände und noch vom Haupthaus abgetrennt. Der Durchgang ist schon geplant, erklärt Thomas Labusiak. Mehr Fenster auch - ein idealer Ort für Arbeit und Bücher. Seine Frau ist freiberufliche Kunsthistorikerin.

Das Zimmer darüber, vom Haupthaus zu erreichen, eine Treppe hoch, ein Absatz tiefer, viel Licht, wird da einmal sein. Dort entsteht das Zimmer für die Tochter, die dreijährige Lisa, sagt der 41-Jährige in die Zukunft blickend. Und so geht es weiter. Labusiak deutet auf weitere Räume, dort die Küche, hier oben das Wohnzimmer. Noch müssen aber Trennwände rausgenommen werden.

Der Bauherr weiß, was sein kann. Wann es einmal sein wird aber nicht. Noch wird geplant und es geht nur so voran wie das Geld dafür da ist. Auch wenn wegen der Entkernung eher Chaos herrscht, der Kunsthistoriker schwärmt. Er ist sich der Herausforderung durchaus bewusst, aber zugleich voller Euphorie. "In einem 500 Jahre alten Haus sich zu bewegen, das ist ungeheuer spannend", bekennt er.

Einbauten aus dem 19. Jahrhundert werden die Arbeiten nicht überstehen. "Das ist eine Vollsanierung", betont der Bauherr. "Wenn wir da was machen, dann machen wir es gleich richtig. Auch wenn es etwas länger dauert." Der Dachstuhl stammt noch aus dem Jahr 1520. Hier soll nur stabilisiert und wetterfest gemacht werden. An einen Ausbau ist nicht gedacht. "Wir werden auch so genügend Platz haben", erklärt Thomas Labusiak. Vom Dach in den Keller wird es etwas gruselig, denn der Strom ist aus Sicherheitsgründen vorerst abgeklemmt.

Der Domkustos weiß sich zu helfen. Mit Hilfe eines Handys kommt etwas Licht in den Keller, der aus zwei nebeneinander liegenden Tonnengewölben besteht. Ein idealer Platz für einen Weinkeller, vielleicht - noch wird es lange Zeit wichtigere Dinge geben. Und der Rundgang ist noch nicht beendet. Linkerhand neben dem großen Eingangstor befindet sich ein Raum, der vorher Fahrschul-Lehrgängen Platz bot. Nun kann ein Gästezimmer daraus werden. Dahinter setzt der linke Seitenflügel an. Viele kleine Zimmer, für die es noch keinen Pläne gibt. Ein erneutes Vielleicht - Ferienwohnungen könnten es werden.

Ehe die Familie Labusiak vom Stieg in die Pölle wechseln kann, wird es noch manch Kraftanstrengung kosten, auch wenn Baufirmen beauftragt sind.

Mit solch einem Hausbau ist man an Quedlinburg gebunden? Für Labusiak keine Frage: "Wer einmal hier ist, der geht doch nicht wieder weg." Das bezieht er auf sein Haus, aber auch auf die Stadt, die sich der aus Neu-Ulm stammende Kunsthistoriker als Wohnsitz ausgesucht hat, nach Stationen unter anderem in Paderborn und Braunschweig.