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Bestattungen Prozess am Amtsgericht Quedlinburg wegen Unterschlagung: Verfahren gegen Inhaber eines Bestatter-Großhandels wird gegen Geldauflagen eingestellt

Von Petra Korn 16.09.2018, 12:57
Särge - hier ein Symbolfoto aus dem Lager eines Bestattungsunternehmens - gegen Radlader: Ein solcher Deal beschäftigte jetzt das Amtsgericht.
Särge - hier ein Symbolfoto aus dem Lager eines Bestattungsunternehmens - gegen Radlader: Ein solcher Deal beschäftigte jetzt das Amtsgericht. dpa

Quedlinburg - Särge waren keine mehr da, Geld, um neue zu kaufen, hatte der Bestattungsgroßhandel auch nicht. So entstand die Idee, einen Radlader an einen Lieferanten zu veräußern, der dafür Särge im Gegenwert des Fahrzeugs liefern würde.

Allerdings: Der Radlader gehörte dem Bestattungsunternehmen gar nicht; die Finanzierung lief noch. Gegen einen 60-jährigen Mann und eine 46-jährige Frau hatte das Gericht deshalb Strafbefehle wegen Veruntreuung und Unterschlagung verhängt. Beide legten Einspruch ein. So wurde nun vor dem Amtsgericht Quedlinburg verhandelt.

„Es wurde immer das gemacht, was er wollte“

Der 60-Jährige und sie hätten die Firma gemeinsam geführt, erklärte die 46-Jährige vor Gericht. „Wir haben gut verkauft, aber wir waren nicht liquide.“ Daher sei der 60-Jährige auf die Idee gekommen, den Radlader an einen Geschäftspartner zur verkaufen, „und der gibt uns Särge dafür“.

Sie selbst hätte das eigentlich nicht gewollt. „Der Radlader war ja noch nicht bezahlt, und ich war froh, dass wir wieder einen hatten“, schilderte sie. „Aber egal, was ich gesagt oder gemacht habe, es wurde immer das gemacht, was er wollte.“

„Ich war ausführende Kraft“, erklärt die Angeklagte

Ob sie den 60-Jährigen nicht daran erinnert habe, dass das Fahrzeug noch gar nicht bezahlt sei, fragte Richterin Antje Schlüter nach. „Ich glaube nicht, nein. Ich habe nicht viel gesagt“, erklärte die 46-Jährige. Aber, hakte die Richterin nach, die Angeklagte habe doch ihren Namen für die Firma hergegeben.

„Ich war ausführende Kraft“, erklärte die Angeklagte. Der 60-Jährige habe die Erfahrung für ein solches Großhandelsunternehmen gehabt, ebenso die Kontakte zu den Geschäftspartnern. Sie habe sich untergeordnet, nur die Büroarbeit gemacht.

„Ich hatte Existenzangst. Ich habe es laufen lassen“, schilderte die 46-Jährige. Und so habe sie weder etwas gesagt, als der Radlader weg war, noch als die Särge kamen. „Die Firma war in einer schwierigen Situation. Wir hatten kein Geld, um Särge einzukaufen“, erklärte der 60-Jährige.

Wer wusste wann etwas von den Außenständen?

Er habe erst „spät erfahren“, dass es Außenstände gebe. Bei einer Unterhaltung, wie es weitergehen könnte, sei von einem mitarbeitenden Familienmitglied der Vorschlag unterbreitet worden, den Radlader zu verkaufen. „Ich war eher verwundert“, erklärte er seine Reaktion.

Da es aber „allgemeines Einverständnis“ gegeben habe, sei er dann zu dem Geschäftspartner gefahren. Die Rechnung für den Verkauf habe die 46-Jährige ausgestellt. Diese bestreitet das. Eine Unterschrift gibt es auf dem Papier nicht.

Ihm sei klar gewesen, dass der Radlader der Firma gar nicht gehörte, räumte der Angeklagte auf Nachfrage der Richterin ein. Und ebenso, dass er gewusst habe, dass er das Fahrzeug nicht hätte verkaufen dürfen. Doch: „Wir waren in der Situation: hopp oder top“, sagte er.

Und so habe er auch nicht noch einmal mit der 46-Jährigen darüber gesprochen, als dann die im Gegenzug für den Verkauf des Radladers rund 800 Särge kamen. „Das war nicht notwendig, weil alles geklärt war“, begründete der 60-Jährige.

„Man kann Dinge, die einem nicht gehören, nicht weiterverkaufen“, machte Richterin Antje Schlüter den beiden Angeklagten deutlich. Und hielt der 46-Jährigen vor: „Sie hätten damals schon die Reißleine ziehen müssen.“ Sie hätte den 60-Jährigen, ihren Außendienstmitarbeiter, zu den Schuldnern schicken müssen, um das Geld zu erhalten.

Beide Angeklagte sind nicht vorbestraft; zudem liegt die Tat, die ihnen vorgeworfen wurde, schon mehrere Jahre zurück. So folgte das Gericht letztlich dem Antrag der Staatsanwaltschaft und stellte das Verfahren gegen Geldauflagen ein. Der 60-Jährige muss 1.000 Euro, die 46-Jährige 400 Euro an die Landeskasse Sachsen-Anhalt zahlen.

Der „Verkauf“ des Radladers war übrigens aufgeflogen, nachdem die Raten für das Fahrzeug nicht mehr bezahlt wurden. Das Unternehmen der beiden Angeklagten gibt es nicht mehr; es ist in Insolvenz gegangen. (mz)