"Scheiß Ausländer" Prozess am Amtsgericht Quedlinburg: Mann soll Flüchtlinge beleidigt und bedroht haben

Quedlinburg/Thale - Beleidigung und Bedrohung - das hat die Staatsanwaltschaft einem 40-Jährigen vorgeworfen, der sich jetzt vor dem Amtsgericht Quedlinburg verantworten musste: Im Juli vergangen Jahres soll er eine syrische Familie beschimpft und unter anderem mit einem abgeschlagenen Flaschenhals bedroht haben, im August dann eine Gruppe jugendlicher Flüchtlinge und deren Betreuer. Zu den Vorwürfen wollte sich der Angeklagte zunächst nicht äußern.
Das aber änderte er, nachdem der Syrer und seine Frau als Zeugen vor Gericht geschildert hatten, was geschehen war. An jenem Abend hatte der Mann seiner Frau und den beiden Kindern die Stadt zeigen wollen.
Angeklagter soll Hunde von Leine gelassen haben
Dabei begegneten sie dem Angeklagten, der sie unter anderem mit „Scheiß Ausländer“ und „Arschloch“ beschimpft und aufgefordert habe, zurück in ihr Land zu gehen. Zwei Hunde, die er dabei hatte, habe er von den Leinen abgemacht und die Familie mit dem Hals einer Bierflasche, die er zerschlagen habe, bedroht.
Und er habe mit den Fingern eine Pistole geformt, auf die Tochter gezielt. „Ich habe bis jetzt nicht verstanden, warum der Mann das gemacht hat“, sagte die Frau. „Wir haben große Angst gehabt.“ Als ihr Mann die Polizei verständigt hatte, war der Angeklagte gegangen.
Anwalt spricht von „erheblichem Alkoholeinfluss“
Sein Mandant, erklärte der Verteidiger daraufhin, wolle sich nun doch äußern. Als Richterin Antje Schlüter den Angeklagten fragt, ob er selbst spreche oder das seinem Anwalt überlasse, wendet dieser sich flapsig an seinen Verteidiger: „Mach du mal.“ Der Anwalt erklärt, sein Mandant habe in beiden Fällen „unter erheblichem Alkoholeinfluss“ gestanden.
Dem widerspricht die junge Frau, die im August als Betreuerin mit einer Gruppe jugendlicher Flüchtlinge in Thale zu Gast war und dabei auf den Angeklagten traf. „Nein“, sagte sie, „er war sehr klar, sehr deutlich.“
Die Jugendlichen der Gruppe, die sich an einem Imbiss mit Essen versorgen wollte, habe er ebenso beschimpft - „es war die volle Bandbreite an Beleidigungen“ - wie die Betreuer, die er unter anderem als „Kulturarschlöcher“ bezeichnet habe.
Drohung mit 15 Leuten, die „ganz schnell" da seien
Er habe verlangt, dass die Gruppe den Imbiss verlasse, gedroht, dass er auch jemanden anrufen könne, und dann ganz schnell 15 Leute da wären und es ihnen zeigen würden.
Auch habe er gedroht, die Hunde abzuleinen - und das auch getan. Ein Betreuer habe die Polizei informiert; als die vor Ort war, sei die Gruppe gegangen - und der Angeklagte habe weiter hinter ihr hergebrüllt.
Staatsanwalt beantragt Haft ohne Bewährung
Die Zeugenaussagen seien „ein erschütterndes Zeugnis dessen, was der Angeklagte sich alles hat einfallen lassen“, so die Staatsanwaltschaft. Auch das Verhalten des 40-Jährigen im Gerichtssaal spreche für sich. Zudem habe er es bis heute nicht für nötig befunden, sich bei denen, die er beleidigt und bedroht habe, zu entschuldigen.
Die Staatsanwaltschaft beantragte - auch mit Blick auf zahlreiche Vorstrafen, darunter wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen und Verstoßes gegen das Waffengesetz, eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten - ohne Bewährung. Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu einer Haftstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung. Zudem muss er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Die Frage der Richterin, welches Recht er habe, andere zu beschimpfen, hatte der Angeklagte nicht beantworten können. „Weiß nicht“, sagte er. Ebenso wenig beantwortete er die Frage, was ihm das Recht gebe, anderen zu sagen, was diese zu tun und zu lassen hätten. Der Angeklagte, stellte die Richterin fest, lebe von Hartz IV. Staatliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, stehe ihm zu. Doch wie würde es ihm gefallen, wenn jemand sagen würde: „Eh, du faule Sau, du liegst mir auf der Tasche.“ Deshalb, machte die Richterin dem Angeklagten deutlich, solle dieser „den Ball ganz flach halten“.
(mz)