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Pilotprojekt im Harz Pilotprojekt im Harz: Mitnetz testet neues Sensorsystem

Von Susanne Thon 24.02.2015, 15:54
30 Meter über dem Boden tauschen Harald Bicke und Christian Walther (r.) einen Sensor aus.
30 Meter über dem Boden tauschen Harald Bicke und Christian Walther (r.) einen Sensor aus. Chris Wohlfeld Lizenz

Rieder - Harald Bicke und Christian Walther machen sich bereit. Angurten. Sichern. Und dann steigen sie auch schon am Mast empor. Auf drei der sechs Leiterseile liegt im Moment keine Spannung an. Abgeschaltet für die anstehenden Arbeiten: Rund 30 Meter über dem Boden müssen die beiden Männer einen Sensor austauschen. Es ist einer von insgesamt 59 so genannter eGrains, die an den Hochspannungsleitungen zwischen Rieder und Harzgerode angebracht sind und die im Viertelstundentakt Daten erfassen. Vor einigen Monaten hat die Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom hier im Harz ein Pilotprojekt zum Freileitungsmonitoring gestartet: Astrose - als Kurzwort für Autarker Stromsensor. Dabei gehe es darum, den Durchhang und die Temperatur der Leiterseile quasi in Echtzeit zu ermitteln, erklärt der für das Projekt verantwortliche Mitnetz-Mitarbeiter Michael Pfeiffer. Das war lange Zeit so nicht möglich.

Jede Leitung habe eine bestimmte Stromtragfähigkeit: Wie viel Energie eine Leitung transportieren könne, hänge nicht nur von ihrem Querschnitt ab, sondern eben auch von der Temperatur. „Die steigt, je mehr Energie transportiert wird“, erklärt Pfeiffer. Und das sei in den vergangenen Jahren immer mehr geworden, etwa durch die Einspeisung aus Windkraft- oder Photovoltaikanlagen. Durch die Erwärmung würde sich das Seil jedenfalls ausdehnen, was sich negativ auf die Leiterseilneigung und den Durchhang auswirkt. Letzterer dürfe bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten, „hängen die Seile zu tief, können sie eine Gefährdung erzeugen.“ Um das zu verhindern, gilt es gegenzusteuern. „Bei hohem Windaufkommen muss die erzeugte Energie über das Hochspannungsnetz in andere Regionen transportiert werden“, so Pfeiffer. Oder aber der Stromfluss wird an die Übertragungsfähigkeit der Freileitungen angepasst werden, indem Erzeugungsanlagen abgeschaltet werden. 2014 musste Mitnetz im gesamten Netzgebiet 274 Mal eingreifen.

Batterie nur für den Notfall

Durch die lückenlose Erfassung der Werte mittels Sensoren könnte der Betrieb optimiert werden, da auch Einflussfaktoren wie Umgebungstemperatur, Windgeschwindigkeit und -richtung Berücksichtigung finden. „Was da drin steckt, das ist Hightech“, sagt Pfeiffer, auf einen der augenscheinlich unscheinbaren Einzelsensoren deutend. Die versorgen sich selbst mit Energie, die eingebaute Batterie ist nur für den Notfall da. Die ermittelten Daten würden von Sensor zu Sensor gefunkt „und so in einer Kette bis zum Umspannwerk übertragen. Dort könnte man sie sich direkt anzeigen lassen“ und entsprechend reagieren. Doch aktuell würden die Daten nur erhoben.

Pfeiffer spricht von einem großen Leistungstest, mit dem die Mitnetz aktuell erst mal die Zuverlässigkeit des Systems überprüft. „Viele Probleme, die es im Feld gibt, kann man im Labor nicht testen“, sagt er. So sei unter den realen Bedingungen schon ein Sensor ausgefallen und einige andere funktionierten nicht mehr korrekt. „Zur Verbesserung des Systems werden die ausgetauscht.“ Entwickelt wurde das in einem kleineren Feldversuch bei Chemnitz getestete Sensorsystem als Forschungsprojekt - unter anderem von Mitarbeitern der Fraunhofer Institute in Chemnitz und Berlin. Die Mitnetz führt es unter eigener Regie noch bis September fort. (mz)

Carsten Brockmann und Fabian Mathar (r.) initialisieren zwei neue Sensoren. Erhard Giessler unterstützt die Kollegen auf dem Mast vom Boden aus.
Carsten Brockmann und Fabian Mathar (r.) initialisieren zwei neue Sensoren. Erhard Giessler unterstützt die Kollegen auf dem Mast vom Boden aus.
Chris Wohlfeld Lizenz