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Nach Strafanzeige von Stadträtin Nach Strafanzeige von Stadträtin: Staatsanwaltschaft ermittelt in Wernigeröder Briefaffäre

Von Winfried Borchert 10.07.2015, 12:45

Wernigerode/MZ - Drei Monate nach Beginn der Briefaffäre im Wernigeröder Rathaus setzt die juristische Aufarbeitung ein. Angestoßen von einem Strafantrag der bündnisgrünen Stadträtin Sabine Wetzel gegen unbekannt hat die Staatsanwaltschaft Halberstadt Ermittlungen wegen Verletzung des Briefgeheimnisses eingeleitet und diese mit bereits laufenden Aktivitäten der Wernigeröder Kriminalpolizei verbunden. Diese waren durch eine anonyme Strafanzeige ausgelöst worden.

Schlüsselfigur ist Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos). Er hat inzwischen einen Anwalt engagiert und über diesen Einsicht in die Ermittlungsakten beantragt, wie Gafferts Sprecher bestätigte. Die Staatsanwaltschaft erwartet nach Angaben ihres Chefs Hauke Roggenbuck zunächst Gafferts Stellungnahme, bevor sie über weitere Schritte entscheidet.

Im Zentrum der Affäre steht ein unter falschem Namen verfasster Brief an Stadträtin Wetzel, der im April im Rathaus eingegangen war. Ohne Wetzels Wissen war der Brief geöffnet und sein Inhalt vom Oberbürgermeister anderen Stadträten mitgeteilt worden. Der Verfasser hatte Gaffert darin bezichtigt, zu DDR-Zeiten in einem Stasi-Wachregiment gedient zu haben. Gaffert, der dies bisher verschwiegen bzw. geleugnet hatte, räumte den Dienst später gegenüber der MZ ein.

Trotz vieler Nachfragen im Stadtrat liegt bis heute im Dunkeln, wer den Brief geöffnet hat und warum. Die Verwaltungsspitze hatte zunächst von einem üblichen Vorgang gesprochen, später von einer bewussten Entscheidung, um Terminprobleme zu vermeiden. Die letzte Version lautete, der Umschlag sei von einer Mitarbeiterin im Ratsbüro versehentlich geöffnet worden. Allerdings hat sich bis heute niemand öffentlich zur Brieföffnung bekannt.

Auch Landesdatenschutzbeauftragter Harald von Bose ist mit den Darstellungen aus dem Rathaus unzufrieden. Bereits mehrfach hat er auf Antworten gedrungen. Der MZ sagte er: „Das, was uns an Antworten und Unterlagen der Stadtverwaltung vorliegt, ist unvollständig. Es gibt kein klares Bild, aber eine Reihe von Widersprüchen.“ Damit werde er sich nicht zufrieden geben, sagte von Bose.

Verärgert ist auch CDU-Stadtrat André Weber. Er hatte Oberbürgermeister Gaffert um detaillierte Angaben zu dessen Zeit zwischen Abitur und Studium gebeten. Jetzt habe Gaffert ihm mitgeteilt, dass er darüber öffentlich keine Angaben machen werde. Weber: „Das ist sehr bedauerlich. Damit bleibt in der Biografie des Oberbürgermeisters ein blinder Fleck.“