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Lotto-, Post- und Präsente-Geschäft in Ermsleben Lotto-, Post- und Präsente-Geschäft in Ermsleben: Abschied mit Wehmut

Von petra korn 03.06.2015, 09:05
Eine Kiste voller Dankeschön: Heidrun Weinberg schließt nach 24 Jahren Selbstständigkeit ihr Geschäft in Ermsleben. In all den Jahren stand ihr ihr Mann Walter mit Rat und Tat zur Seite.
Eine Kiste voller Dankeschön: Heidrun Weinberg schließt nach 24 Jahren Selbstständigkeit ihr Geschäft in Ermsleben. In all den Jahren stand ihr ihr Mann Walter mit Rat und Tat zur Seite. Chris Wohlfeld Lizenz

Ermsleben - Am 30. Mai hat Heidrun Weinberg morgens um 8 Uhr zum letzten Mal die Tür zu ihrem Lotto-, Post- und Präsente-Geschäft in der Langen Straße in Ermsleben aufgeschlossen. Zum letzten Mal hat sie den Lotto-Aufsteller draußen auf dem Fußweg platziert. Bis 9 Uhr war die Postfiliale noch einmal geöffnet, bis 11 Uhr das Geschäft. Dann hat sich die Tür zu dem Laden direkt an der Ortsdurchfahrt für immer geschlossen. Nach 24 Jahren Selbstständigkeit - und 40 Jahren als Verkäuferin in Ermsleben - zieht sich Heidrun Weinberg aus dem Berufsleben zurück.

In Ermsleben gibt es auch weiterhin ein Post-Angebot: Am Montag, 1. Juni, wurde in der Getränkequelle Eichmann-Kulbe in der Bahnhofstraße 116 eine neue Filiale eröffnet. In der neuen Filiale werden die gleichen Dienstleistungen angeboten wie in der bisherigen im Lotto-, Post- und Präsente-Geschäft in der Langen Straße, sagte Anke Blenn, Pressesprecherin bei der Deutschen Post DHL Group. Dazu gehören unter anderem die Annahme von Brief- und Paketsendungen sowie der Verkauf von Briefmarken, „also alles rund um das klassische Paket- und Briefgeschäft“, so die Pressesprecherin. Wie Anke Blenn weiter sagte, hat Getränkequelle Eichmann-Kulbe montags bis freitags von 9 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 18 Uhr sowie sonnabends von 9 bis 13 Uhr geöffnet. (pek)

Es ist eine Vernunftentscheidung, sagt die Ermslebenerin. Sie möchte künftig mehr Zeit für die Familie haben. Hinzu kommt: „Ich bin 62 geworden. Wenn man schließt, muss man ja alles auflösen. So kann ich in Ruhe alles regeln.“ Dennoch ist ihr der Entschluss nicht leicht gefallen. „Ich habe das immer mit sehr viel Herz gemacht“, so Heidrun Weinberg. „Es ist ein Abschied mit Wehmut.“

Warenangebot oft umgestellt

1975 hatte die gelernte Schneiderin begonnen, in der Verkaufsstelle „1 000 kleine Dinge“ der Konsumgenossenschaft in der Konradsburger Straße in Ermsleben zu arbeiten. Parallel absolvierte sie eine Ausbildung zur Verkäuferin, qualifizierte sich gleich im Anschluss zur Verkaufsstellenleiterin und übernahm die Leitung des Haushaltswaren-Geschäftes. Dieses zog 1990 in die Lange Straße um. Nach der Wende schloss die Konsumgesellschaft, die sich dann auflöste, ihre Verkaufsstellen. „Das bedeutete für mich, entweder arbeitslos zu werden oder das Geschäft selbstständig weiterzuführen. Ich entschied mich für die Selbstständigkeit.“

1991 übernahm Heidrun Weinberg den Laden und führte ihn zunächst mit dem gleichen Angebot weiter: Haushaltswaren, Elektroartikel, Waschmaschinen, Kühlschränke, Porzellan und Geschenkartikel. „Aber das Kaufverhalten änderte sich, und so habe ich das Warenangebot oft nach dem Bedarf der Kunden umgestellt.“ So gab es hier zuletzt Schreibwaren, Präsente, Zeitschriften, Tabakwaren - und Dienstleistungen rund um Post und Lotto.

Workshops und Weiterbildungen

Nachdem die Post in Ermsleben geschlossen worden war, hatte Heidrun Weinberg im Jahr 2003 die Anfrage erhalten, ob sie in ihrem Geschäft eine Filiale eröffnen könnte. „Das war eine große Herausforderung für mich“, sagt sie. Sie absolvierte eine Schulung und bot dann die Dienstleistungen von Post und Postbank mit an. Als 2006 der Inhaber des Lotto-Ladens in Ermsleben sein Geschäft aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, übernahm Heidrun Weinberg auch dieses Angebot mit.

Für diese Dienstleistungen waren regelmäßig Workshops und Weiterbildungen zu absolvieren, die mit dem Betrieb des Geschäfts in Einklang gebracht werden mussten, das stets von montags bis samstags zu öffnen war. Urlaub hatte Heidrun Weinberg seit vielen Jahren nicht mehr. „Aber das habe ich vorher gewusst“, sagt sie und meint: „Wer A sagt, muss auch B sagen.“

Für ihre Kunden da zu sein, hat ihr immer Freude bereitet, so die 62-Jährige. „Es war schön, wenn ich helfen konnte.“ Nicht selten gehörte dazu auch, zuzuhören, weil so mancher über seine Sorgen sprechen wollte. Überhaupt: „Ohne die vielen netten, treuen Kunden wäre es mir gar nicht gelungen, das Geschäft so lange aufrechtzuerhalten“, sagt Heidrun Weinberg. Auch mit der Deutschen Post und der Lotto-Gesellschaft habe es stets eine gute Zusammenarbeit gegeben, ebenso mit den Zustellern - „das war ja hier wie eine Anlaufstelle“, meint sie schmunzelnd. Eine große Stütze war ihr ihre Familie, „vor allem mein Mann Walter, der mir in all den Jahren mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat“.

Mehr Zeit für die Familie

Ihr Mann ist inzwischen in Rente. Für ihn hätte Heidrun Weinberg gern mehr Zeit, ebenso für ihre Tochter, den Sohn, der mit seiner Familie in Argentinien wohnt und den sie seit vier Jahren nicht gesehen hat, die drei Enkel und auch für die Wanderfreunde, mit denen die Weinbergs gern unterwegs sind. „Da haben wir uns gesagt, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um ein bisschen zur Ruhe zu kommen.“ Dass nun viele kommen, sich beispielsweise wie Bärbel Bürger aus Meisdorf „für die wunderschöne Zeit bedanken“, ihr den Ruhestand gönnen und die Geschäftsschließung dennoch bedauern, bewegt Heidrun Weinberg sehr.

Ganz in den Ruhestand gehen wird sie noch nicht. In den kommenden zwei Wochen wird sie im Auftrag der Post zur Unterstützung in der neuen Postfiliale, die am Montag in der Getränkequelle Eichmann-Kulbe eröffnet wurde, eingesetzt. Weiteres wird sich dann zeigen. Heidrun Weinberg freut sich sehr, dass die Postdienstleistungen - wie auch das Lotto-Angebot - in der Bahnhofstraße weitergeführt werden. Dort gebe es auch kundenfreundlichere Parkmöglichkeiten. (mz)