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Landkreis Harz Landkreis Harz: Alte Maschinen und ein Schuss Erotik

Von ANDREAS BÜRKNER 04.08.2010, 14:16

ALLRODE/MZ. - Die Fähigkeit, auch aus fast nichts noch etwas zu machen, ist nicht erst eine in der DDR aus den Versorgungsengpässen heraus geborene Eigenschaft. Schon kurz nach dem Krieg hatte ein Bauer aus Elbingerode aus der Not eine Tugend gemacht und aus den Resten verschiedener Fahrzeuge, die in der Umgebung im Krieg liegen geblieben waren, für seinen Hof einen Traktor mit eingebauter Antriebsmaschine zusammengebastelt.

Inzwischen ist dieses Wunder der Technik in Allrode gelandet und gehörte nicht nur zu den ältesten und interessantesten, sondern auch den ausgezeichneten Ausstellungsstücken des diesjährigen Heimatfestes im Ort.

Zusätzliche Besucher angelockt

Bis zum vergangenen Jahr hatte diesen Höhepunkt im Sommer noch der Sportverein mit einem bunten Programm organisiert, darunter dem verbliebenen Fußballturnier am Freitag, aber diesmal bot sich ein Gastronom aus Harzgerode für die Vorbereitungen an. "Das Traktoren- und Oldtimertreffen, welches im Herbst des Vorjahres erstmals seine Premiere als eigenständige Aktion erlebte, haben wir einfach ins Fest integriert", erklärte die Chefin des Sportvereins, Gerlinde Reinert, eine weitere Bereicherung, "zudem lockt es doch zusätzliche Besucher an."

Mit dieser Änderung war auch ein kleiner Umzug durch den Ort mit dem Spielmannszug Schadeleben möglich, soweit sich die alte Technik in Gang setzen ließ. Ob die alten Fahr, Pionier, Deutz und eine Diesel-Ameise oder neuere Gefährte, viele bekannte Namen aus der Geschichte der Fahrzeugtechnik waren ebenso vertreten wie diverse Eigenbauten. "Der Motor stammt im Original von Klöckner-Humboldt-Deutz und gehört zu den wenigen aus der gemeinsamen Zeit", erläuterte Reinhard Kanera, der den Nachkriegs-Reste-Eigenbau vom Bastler aus Elbingerode bekommen hatte. Eine Achse würde aus einem amerikanischen Jeep, die große hintere von einem russischen Laster der Marke Sil stammen. "Das Getriebe wiederum kommt von Opel." Das ganze sei also "ein Mehrsystemfahrzeug im Kalten Krieg gewesen und funktioniert sogar bis heute", ließ Kanera für die Zuschauer mal den Motor dicke schwarze Rauchwolken durch den Auspuff jagen.

Der Name des Traktors, eine Brockenhexe aus dem Jahre 1950, brachte indes den Allröder Bernd Ahrens auf eine ausgefallene Idee: Er belud seinen Hänger mit einem Hexengeschwader, hinter dem sich in Hexenkostümen die Damen des gemischten Chores vor ihrem nachmittäglichen Auftritt versteckten, während Ahrens als Teufel den Traktor durch die von den Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Allrodes zwischenzeitlich abgesperrten Straßen der Harzgemeinde steuerte. "Alle bekommen eine Urkunde", hatte Bürgermeister Joachim Heydecke den Besitzern der alten Modelle versprochen und hielt Wort. Eine Jury unter seiner Leitung wählte zudem unter den Fahrzeugen einige für besondere Auszeichnungen aus, darunter den kleinsten Traktor. Den benutzt inzwischen der dreijährige Leon Maul, nachdem sein Bruder dem Spiel-Mercedes-Benz von 2002 aus Plaste inzwischen entwachsen ist.

Eigenbau Jahrgang 1962

Nicht minder freute sich der einheimische Werner Pfeiffer mit seinem Eigenbau vom Jahr 1962 über den Preis des originellsten Traktors, während Mark Schreiber aus Güntersberge bei den Motorrädern für sein Zündapp-Gespann von 1943 ebenso mit einem Pokal ausgezeichnet wurde wie der Blankenburger Thomas Günther für den VW-Kübelwagen, der nur ein Jahr jünger ist.

Wie für ein Treffen von PS-Boliden inzwischen üblich, durfte bei der abendlichen Party zu fortgeschrittener Stunde auch die Erotik nicht fehlen - allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. Vom Anblick des entblößten Körpers eines männlichen Modells waren diesmal die Herren des Ortes wesentlich weniger begeistert als die zahlreich anwesenden Damen.