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Historische Baustoffe  Historische Baustoffe : Quedlinburger Stadtrat lehnt Abgabe des Depots ab

Von Rita Kunze 19.12.2018, 10:17
Horst Schöne sieht sich die Türen im Depot für historische Baustoffe an. Sie sollen bei der Sanierung alter Häuser neue Verwendung finden. 
Horst Schöne sieht sich die Türen im Depot für historische Baustoffe an. Sie sollen bei der Sanierung alter Häuser neue Verwendung finden.  Marco Junghans

Quedlinburg - Sparen um jeden Preis? So weit gehen will der Quedlinburger Stadtrat denn doch nicht. Eine knappe Mehrheit der Abgeordneten entschloss sich auf der jüngsten Sitzung des Gremiums, die geplante Übergabe des historischen Baustofflagers an einen Dritten aus dem Konsolidierungskonzept zu streichen. Dem vorausgegangen war eine längere Diskussion.

Nach Angaben der Verwaltung hätten die Einsparungen 25.800 Euro betragen - Mietkosten, die die Stadt an ihre Wohnungswirtschaftsgesellschaft überweist. Nach Ansicht der Fraktionsvorsitzenden von Grüne/QfW, Susann Sziborra-Seidlitz, ist dieser Posten daher „keine echte Sparmaßnahme, sondern ein Trick auf dem Papier“.

Sie befürchtet, dass das Depot mit einer Übergabe aufgelöst wird und machte noch einmal seine Bedeutung deutlich: Baustoffe aus alten Quedlinburger Häusern werden zur Sanierung historischer Gebäude in der Stadt genutzt. Dieser - kostenfreie - Zugriff auf historische Baustoffe sei eine „wesentliche Säule der Sanierung“.

Markt für historische Baustoffe umkämpft und lukrativ

Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU) entgegnete, dass nur ein „deutlich kleinerer Anteil aufbewahrenswert“ sei und eine „Qualitätssteigerung durch Verringerung“ angestrebt werde. „Wir zahlen eine nicht unbeachtliche Miete an die Wohnungswirtschaft, das könnten wir beachtlich runterfahren.“ Nämlich dann, wenn ein „deutlich verringertes, qualitativ hochwertiges Denkmal an Dritte übergeben“ werde: „Das muss kein Privater sein“, betonte Ruch.

Im Jahr 1993 wurde das Depot für historische Baustoffe in Quedlinburg gegründet. Hier werden Türen, Fenster, Mauersteine, Sandsteine, Dachziegel, Altholz und andere Baustoffe aufbewahrt, die beim Abriss von Quedlinburger Häusern geborgen wurden und bei Sanierungen von Häusern in Quedlinburg, Bad Suderode und Gernrode kostenlos an die Bauherren abgegeben werden. 

Bislang wurden nach Angaben des Depots rund 700 Innen- und Außentüren, etwa 127.000 Dachziegel und zirka 16.000 Mauersteine ausgegeben. Außerdem rund 250 Kubikmeter Sandstein, der unter anderem bei der Sanierung von Schlossberg und Stadtmauer verwendet wurde.

Diese Befürchtung aber stand im Raum. Susan Sziborra-Seidlitz verwies darauf, dass in Quedlinburg in den kommenden 10 bis 15 Jahren noch Häuser saniert werden. Der Markt für historische Baustoffe sei gleichermaßen umkämpft wie lukrativ: „Ich möchte uns davor bewahren, diesen Schatz aus der Hand zu geben, der Quedlinburg zu dem gemacht hat, was es ist.“

„Die Idee, Mietkosten zu sparen, ist legitim“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende Ulrich Thomas. Die Stadt versuche, das Depot in dritte Hände zu geben, „die es vielleicht besser machen können“. Der Oberbürgermeister nannte daraufhin die Werkstätten für Denkmalpflege, die Jugendbauhütte und das Deutsche Fachwerkzentrum als Beispiele.

Depot steht  als Kulturdenkmal im Denkmalverzeichnis

„Wenn verbaut wurde, was zu verbauen ist, kann man das Depot weggeben“, sagt Kreisarchäologe Oliver Schlegel der MZ. Würde man die Einrichtung jedoch schon jetzt an Dritte übergeben, dann sei der Urgedanke der Sanierungsförderung weg, und dafür werde das Depot als wichtige Stütze beim Wiederaufbau gebraucht.

Allerdings ergebe das Depot nur Sinn, wenn es als Zwischenlager genutzt werde: Dass sich Bauherren für die Sanierung historischer Häuser in der Stadt Quedlinburg hier kostenfrei mit Türen, Ziegeln, und anderem Baumaterial versorgen können, müsse noch mehr in die Öffentlichkeit getragen werden.

Im Depot seien außerdem Dinge eingelagert, die direkt Sanierungsobjekten zugewiesen werden können. „Krempel liegt hier schon lange nicht mehr“, betont Schlegel und meint damit Baustoffe, die zwar eingelagert, aber nicht mehr verwendet werden können. Beim Umzug in deutlich kleinere Räume sei der Bestand „entschlackt“ worden. Das Depot steht seit 2012 als bewegliches Kulturdenkmal im Denkmalverzeichnis des Landkreises.  (mz)