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Harzkreis Harzkreis: Ein Schatz für die Stadtgeschichte

Von PETRA KORN 05.08.2010, 14:26

QUEDLINBURG/MZ. - "Das ist für Heimatforscher geradezu ein Eldorado", blättert Bürgermeister Eberhard Brecht begeistert in der großen, dicken Foto-Dokumentation. Sie hält die Errichtung der "Kanalisation der Stadt Quedlinburg. Bauzeit 1907 - 1909", so die Aufschrift des Albums, fest und gehört zu den Unterlagen des ehemaligen Quedlinburger Stadtbaurates Max Voß, die dessen Enkelin Gabriele Link jetzt an die Stadt übergeben hat.

In Quedlinburg durchtelefoniert

Entdeckt hatten Gabriele Link und ihr Ehemann diese Unterlagen im Nachlass der Mutter von Frau Link. "Das schlummerte auf dem Dachboden." Bei der Frage, was mit diesen Zeitzeugnissen in Wort und Bild passieren sollte, dachten die in Hildesheim lebenden Links an Quedlinburg. "Wir haben uns durchtelefoniert und vorsichtig nachgefragt, ob überhaupt Interesse besteht." Es bestand. Und so haben Gabriele und Wolfgang Link, die sich über dieses Interesse sehr freuen, bei ihrem Besuch in Quedlinburg nicht nur eine ganze Kiste voller Dokumente mitgebracht, darunter auch eine "Denkschrift zum 50-jährigen Bestehen des Städtischen Gaswerks zu Quedlinburg 1863-1913", ein Album, welches der Großvater anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums in Quedlinburg geschenkt bekommen hat, eine Chronik aus dem Jahr 1922, handschriftliche Unterlagen wie Skizzen und Berechnungen sowie jede Menge Fotos. Mitgebracht hat die Enkelin des verdienstvollen Mannes, der 36 Jahre in Quedlinburg tätig war und zu dessen Leistungen unter anderem die Erweiterung und Zusammenführung der Städtischen Werke sowie der Bau einer Kanalisation in der Stadt gehörten, auch viele Geschichten, die in der Familie erzählt wurden.

Selbst kennen gelernt hat Gabriele Link ihren Großvater Max Voß nicht. Ihr Vater, der ebenfalls Max Voß hieß, war das jüngste Kind der Familie, ein Nachkömmling. "Aber mein Vater war sehr, sehr mit der Stadt verbunden. Sie ist mir daher immer nahe gewesen", erzählt Gabriele Link. "Mein Vater hat Zeit seines Lebens dem Harz nachgetrauert und den Quedlinburger Zeiten." Die Familie des Großvaters, so schließt Gabriele Link aus den Erzählungen, "war ein bilderbuch-preußischer Haushalt". Zu dem gehörten fünf Kinder: zwei Söhne und drei Töchter. "Was ich so bemerkenswert finde: Er hat seine Töchter Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts einen Beruf lernen lassen. Darauf bestand er", erzählt Wolfgang Link. Eine Tochter, so ergänzt seine Frau, lernte Bankkauffrau, eine wurde Lehrerin und eine Kinderkrankenschwester. "So konservativ er in anderer Richtung war - das ist doch eine erstaunliche Sache", sagt Gabriele Link.

Sie weiß auch, dass dem Großvater ganz und gar nicht gefiel, dass der älteste Sohn gern Soldat sein wollte und auch war. Der Älteste gehe nicht "zu den Kommissköppen", habe er diesem beschieden und ihn auch studieren lassen - aber letztlich nicht verhindern können, dass der Sohn doch wieder zu den "Kommissköppen" ging.

Unter den Unterlagen, die nun zurück nach Quedlinburg gekommen sind, ist auch eine Dokumentation zu dem Bodehochwasser Silvester 1925. "Mein Großvater hat gelitten, als das passierte. Er hat mehrere Tage und Nächte nicht geschlafen, er musste hier gucken und da gucken. Danach war seine Gesundheit sehr desolat."

Als Max Voß knapp zwei Jahre später starb - auf einer Dienstreise im Zug -, waren seine Kinder schon alle aus dem Haus, schildert Gabriele Link. "Mein Vater hatte gerade Abitur gemacht und ging zum Studium nach Hannover." Die Großmutter zog aus der Dienstvilla - dem heutigen Verwaltungsgebäude der Stadtwerke - aus, blieb aber bis nach dem Zweiten Weltkrieg in Quedlinburg wohnen. Unmittelbar danach, als, wie man damals so sagte, die Russen kamen, holte die älteste Tochter, die in der Nähe von Schwartau lebte, sie zu sich.

Gemeinsamkeiten entdeckt

Übrigens: Bei der Übergabe der Unterlagen - "eine wertvolle Bereicherung unseres Archivs", bedankte sich Eberhard Brecht sehr herzlich - konnten der Bürgermeister und die Enkelin des Stadtbaurates auch Gemeinsames beider Familien aufspüren: So muss Eberhard Brechts Urgroßvater Gustav, der bis 1895 Oberbürgermeister in Quedlinburg war, Gabriele Links Großvater, der 1891 seine Dienste in der Stadt antrat, eingestellt haben. Und nicht nur die Familie Max Voß war, wie Gabriele Link erzählte, "im Frühjahr, den halben Hausrat auf einen Pferdewagen geladen", einst nach Friedrichsbrunn in eine Ferienwohnung bei Familie Schreiber gezogen. "Diese Ferienwohnung haben meine Eltern auch genutzt", erinnert sich Eberhard Brecht, als Kind ebenfalls häufig in Friedrichsbrunn gewesen zu sein.