Besondere Aufführung in Quedlinburg Harzer Künstler spielen Theater auf dem Friedhof
In früheren Zeiten war der Tod allgegenwärtig, der Dichter Klopstock schuf ein Trauerspiel über die Angst vor dem Sterben. 270 Jahre später entdecken der Arbeitskreis 7kunst und das Figurentheater Cirquonflexe das Stück neu. Warum es gerade jetzt aufgeführt wird - und ausgerechnet auf einem Friedhof.

Quedlinburg/MZ. - Auf einer Anhöhe über den Grüften des Wipertifriedhofes in Quedlinburg erhebt sich groß und schwarz der Todesengel, und der Mensch, der ihm dort begegnet, bekommt es mit der Angst zu tun: Er weiß jetzt, dass er bald sterben wird. Wie soll er mit diesem Wissen umgehen?
Der Schauspieler Arnold Hofheinz bringt gemeinsam mit der Puppenspielerin Anja Herbener und der Tänzerin Julia Morawietz das Trauerspiel „Der Tod Adams“ von Friedrich Gottlieb Klopstock an dem besonderen Ort zur Aufführung. Musikalisch begleitet werden die Künstler vom erst 16-jährigen Christian Stock am Cello.
Wipertifriedhof ist ein fast meditativer Ort, an dem man zu sich findet
Die erste Vorstellung der Inszenierung am Sonntag um 18 Uhr bildet den Auftakt zur Klopstock-Festwoche anlässlich des 300. Geburtstages des Dichters, der 1724 in Quedlinburg geboren wurde.
„Es ist ein wahrlich ungewöhnlicher, aber auch reizvoller Ort, den der Arbeitskreis 7kunst dank der evangelischen Kirchengemeinde Quedlinburg für seine Aufführung nutzen darf“, sagt Arnold Hofheinz. Der Ort spiele eine große Rolle. Es sei ein Friedhof, aber er schaffe ein Ambiente, in dem man ruhig werde - fast ein meditativer Ort, an dem man zu sich finde.
Ein Dichter, den ich von selbst nicht zur Hand genommen hätte, um meine Trauer zu bewältigen. Aber es ist immer toll, wenn man jemanden hat, der sagt: Lies das mal.
Anja Herbener, Puppenspielerin
„Das Stück beschreibt symbolisch den Tod des ersten Menschen, nämlich Adam“, erklärt er. „Aber gleichzeitig zeigt es die dabei stattfindenden Empfindungen - im Blickwinkel des Dichters stirbt Adam den Tod der gesamten Menschheit im Voraus. So lenkt Klopstock den Blick des Betrachters vom rein materiellen Menschenbild auf eine andere Welt.“
Eine moderne Inszenierung sei es nicht, betont der Schauspieler. „Mit jetzigen darstellerischen Methoden, die es zu Klopstocks Zeiten so nicht gab - sei es Figurenspiel, musikalische Untermalung oder moderner Tanz - versuchen wir den Zuschauern eine Hilfe zu geben. Der Text bleibt alt.“
Schauspieler agiert mit lebensgroßen Figuren
Die Inszenierung wurde von der Gruppe gemeinsam entwickelt. Adam, dargestellt von Arnold Hofheinz, ist ein Mensch, der schmerzlich erkennt, dass er sterben muss. Seine Nachkommen Seth, Selima und Kain werden durch Puppen repräsentiert, Anja Herbener hat sie in der Werkstatt ihres Figurentheaters Cirquonflexe erschaffen. „Sehr archaisch aussehend, wie aus Lehm geformt“, sagt Hofheinz
. Auch der Todesengel ist eine von Herbener erschaffene Figur. „Ein Dichter, den ich von selbst nicht zur Hand genommen hätte, um meine Trauer zu bewältigen“, sagt die Puppenspielerin über Klopstock. Aber „es ist immer toll, wenn man jemanden hat, der sagt: Lies das mal. Dann war ich überwältigt. Der Text erschließt sich jedes Mal mehr.“
Klopstock schildere verschiedene Stadien der Trauer: „Ich empfinde Verlust, ich will das nicht, und ich merke, ich muss das zulassen. Und ich bekomme erklärt, was das bedeutet. Das ist wie eine Katharsis. Und hier auf dem Platz ist das besonders.“
Die Inszenierung kommt ohne Technik aus, „wir spielen unplugged“, sagt Arnold Hofheinz. Deswegen werde jede der sechs Vorstellungen auf 30 Zuschauer begrenzt. Bei schlechtem Wetter findet die Aufführung in der Wipertikirche statt.
Aufführungen gibt es am 30. Juni, 16., 18., 20. und 21. Juli sowie am 8. September jeweils um 18 Uhr, Karten können unter 0176/ 50 02 51 11 bestellt werden, auch per WhatsApp.