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Harzer gegen Zuckerkartell Harzer gegen Zuckerkartell: Schokoladen-Hersteller Wergona klagt gegen Hersteller

Von Steffen Höhne und Sönke Möhl 31.01.2016, 19:25
Zum Jahresbeginn läuft bei Wergona die Produktion für Ostern. Unter anderem werden kleine Schoko-Osterhasen hergestellt.
Zum Jahresbeginn läuft bei Wergona die Produktion für Ostern. Unter anderem werden kleine Schoko-Osterhasen hergestellt. Chris Wohlfeld Lizenz

Wernigerode - Namhafte deutsche Süßwaren-Unternehmen wollen den großen Zucker-Herstellern an den Kragen. Wegen Kartellbildung und überhöhter Preise wollen bisher mehr als 30 Unternehmen gegen ein bereits aufgeflogenes Zuckerkartell klagen. Zu den Schoko-Unternehmen gehört auch der auf Adventskalender und Schoko-Weihnachtsmänner spezialisierte Hersteller Wergona aus Wernigerode. Das Harzer Unternehmen will sich zu dem laufenden Verfahren derzeit nicht äußern. Auch eine Schadenssumme von zwei Millionen Euro wollte ein Firmen-Sprecher nicht bestätigen.

Die Liste der Kläger liest sich wie das Who’s who der Süßwarenbranche mit Großunternehmen wie Nestlé, Müller Milch, und Lindt bis hin zu Mittelständlern wie Rübezahl. Alle Klagen zusammen sollen laut „Handelsblatt“ ein Volumen von 300 Millionen Euro besitzen.

Am Freitag hatte ein Prozess von Katjes gegen drei Zuckerhersteller in Mannheim begonnen. Die Süßwarenfirma verlangt 37 Millionen Euro Entschädigung.

Jahrelang Absprachen

Worum geht es? Die drei großen deutschen Zuckerhersteller Südzucker, Nordzucker sowie Pfeifer & Langen (Diamant-Zucker) hatten sich über Jahre hinweg bis 2009 über Verkaufsgebiete, Quoten und Preise abgesprochen. Das ist verboten. Das Bundeskartell-Amt deckte dies auf und brummte den Unternehmen ein hohes Bußgeld von 280 Millionen Euro auf. Südzucker musste mit 195,5 Millionen Euro die höchste Einzelstrafe zahlen. Nordzucker packte vor den Wettbewerbshütern aus und musste daher nur einen einstelligen Millionenbetrag berappen. Die Süßwaren-Hersteller sehen sich nun als geschädigt an und verklagen ihre Zulieferer auf Schadenersatz. Diese weisen das allerdings zurück.

Wer Schadenersatz haben will, muss auch einen Schaden nachweisen. Südzucker bestreitet, dass Hersteller oder Verbraucher überhaupt einen Schaden erlitten hätten. Der Vorsitzende Richter Andreas Voß wies am Freitag darauf hin, dass der Zuckermarkt damals durch Quoten und Schutzzölle der EU stark reguliert gewesen sei und es daher gar keinen echten Wettbewerb gab. Laut Voß lautet die entscheidende Frage des Verfahrens: „Wie hätte sich der Preis ohne Kartell entwickelt?“

Katjes verwies darauf, dass große Mengen Zucker zum EU-Interventionspreis von 633 Euro pro Tonne profitabel an Händler verkauft worden seien, das Unternehmen aber 700 Euro und mehr habe zahlen müssen. Die Gebietsaufteilung der drei Marktführer habe Wettbewerb und günstigere Preise verhindert. Die Beklagten hielten unter anderem die Transportkosten dagegen. Diese sollen zu den höheren Preisen geführt haben.

Gab es einen Schaden?

Ohnehin argumentieren die Zucker-Hersteller, dass die Süßwarenfirmen steigende oder fallende Zuckernotierungen in ihre Schokoladenpreise einrechnen würden. Kurz: Sie werden an den Handel und am Ende an den Verbraucher weitergereicht - den Produzenten entstehe kein Schaden.

Alle Süßwaren-Firmen werden sich den Katjes-Prozess genau anschauen und daraus ihre Strategie ableiten. Bereits am 22. April soll es eine Entscheidung geben. Wird Katjes Schadenersatz zugesprochen, rollt auf die Zucker-Hersteller wohl eine Klagewelle zu. (mz/dpa)