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Harz Harz: Vorführtechnik steuert den kompletten Kinoabend

Von DETLEF HORENBURG 10.12.2010, 14:58

HALBERSTADT/MZ. - Georg Clooney und Penelope Cruz waren schon da. Johnny Depp, Till Schweiger und Daniel Radcliffe sowieso. Natürlich nicht in persona, aber Filmkenner bewundern ihre Lieblinge ja ohnehin lieber überdimensioniert auf der Leinwand im Kino. Fast vor 13 Jahren auf den Tag genau öffnete der Kinopark in der einstigen leer stehenden Zuckerfabrik in Halberstadt in der Gröperstraße 88 seine Türen. Seitdem strömen tausende Kinofans in die sieben gemütlich ausgebauten Kinosäle. Sind sie alle besetzt, so passen dort etwa 1 600 Menschen hinein, weiß Andy Spillker zu berichten. Er ist im Kinopark Zuckerfabrik als stellvertretender Theaterleiter angestellt.

Doch wie sieht es eigentlich hinter den Kulissen aus? Wer sorgt dafür, dass pünktlich zum Filmbeginn das Licht gelöscht wird und am Filmende oder zur Pause wieder angeht? Wie wird der Vorhang geöffnet? Wie können verschiedene Filme gleichzeitig in verschiedenen Sälen laufen?

Die Antwort ist recht verblüffend. Der Inspizient steckt in einem Kasten, etwa ein Meter 80 hoch, gibt von dort seine Anweisungen, die strikt zu befolgen sind. "Ohne ihn verlöscht das Licht nicht, öffnet sich kein Vorhang, bliebe die Bühne leer, wird kein Ton erklingen", beteuert Gerhard Großstück. Der Ingenieur für Filmwiedergabe ist seit knapp vier Jahrzehnten in der Kinobranche tätig. Er ist in der Zuckerfabrik zuständig für Projektion sowie Haustechnik und herrscht über einen Bereich, den Kinobesucher selten zu sehen bekommen. Sein Platz und der seiner Kollegen ist nicht hinter den Kulissen, sondern hinter dem Projektionsfenster, in den drei Vorführräumen, in denen vor genau einem Jahr das Ende einer Ära eingeläutet und eine neue begann - der Wechsel von analoger Technik von der Filmrolle auf digitale Projektion.

Wenn im privaten Bereich der Film für die Aufzeichnung und Wiedergabe von bewegten Bildern längst ausgedient hat - im Kino ist er immer noch Standard; ein Umstand, der bei Kinobesuchern meist für Erstaunen sorgt. Tatsächlich hat sich seit Mitte der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts, als das Kino allmählich zur Volksbelustigung wurde und die Zuschauer nicht mehr entsetzt (so die Legende) den Saal verließen, weil sie einen Zug auf sich zurollen sahen, tatsächlich hat sich seit dieser Zeit am Prinzip der Kinotechnik wenig verändert - selbst der 35-Millimeter-Film ist seither Standard. Nur besteht das Filmmaterial nicht mehr aus Zelluloid, sondern aus reißfestem Polyester.

In den Vorführräumen stehen sechs der etwa drei Zentner schweren Filmprojektoren, dazu zwei digitale. Alle werden von den Vorführern einzeln programmiert - je nach Startzeit und Saalprogramm. Da kann es schon einmal sein, dass der Zuschauer zeitgleich Harry Potter im Saal zwei von der Filmrolle sowie im Kinosaal drei von der Festplatte sieht.

Der Wechsel kam mit den 3D-Filmen, sagt Andy Spillker. "Avatar - Aufbruch nach Pandora" von James Cameron war vor einem Jahr der Start dafür. 3D heißt zwingend: Installation auf computergesteuerte digitale Technik. Der Saal sechs wurde dafür zuerst umgerüstet, seit einem Vierteljahr folgte Saal drei. Ein weiterer Saal soll damit bestückt werden. Mit Beamern, wie man sie aus Vortragssälen oder von zu Hause kennt, hat die Kinotechnik jedoch wenig zu tun - was schon am Gewicht von über 90 Kilo der digitalen Projektoren deutlich wird. Doch sie haben einen Vorteil: Der Vorführer braucht nicht mehr die etwa 25 Kilo schweren Rollen auf den 1,25 Meter umfassenden Filmteller hieven, bevor der Filmanfang dann in den Projektor eingelegt wird. Je nach Filmlänge werden die Filmkopien vom Filmverleih in mehrere Rollen von einer Länge von etwa 600 Metern angeliefert und müssen am Schneidetisch auf eine Maximallänge von 6 000 Metern zusammengesetzt werden. "Hierbei werden Silberplättchen eingeklebt, die der Steuerung des Filmprojektors signalisieren, Film starten oder stoppen, Licht an oder aus, Vorhang auf oder zu", sagte Großstück. Auch die Werbeträger und Filmtrailer werden so an den gewünschten Stellen eingeklebt.

Wesentlich einfacher ist dabei die Arbeit mit den digitalen Trägern. Hier wird der Film in einer Sicherheitsbox auf einer ganz normalen Festplatte angeliefert - alles zusammen nicht schwerer als drei Kilogramm. Ein Diebstahl der Box lohnt sich allerdings nicht. Der Film wird erst im Server des Digitalprojektors zusammengesetzt und ist mit Freigabeschlüssel gesichert.