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Harz Harz: Vom Steuerrad in die Kombüse

Von PETRA KORN 06.04.2011, 17:25

THALE/MZ. - Der Tag, als die "Seelandperle" verkauft wurde, war "ein rabenschwarzer Tag", sagt Wolf-Dieter Sonnenberg, der der Kapitän des auf dem Concordiasee fahrenden Motorgastschiffes war. Jetzt ist der "Käpt'n ohne Schiff" noch einmal neu gestartet und hat als solcher auf dem Hexentanzplatz in Thale seine "Teufelskombüse" eröffnet - einen Imbissstand, an dem auch ein wenig Maritimes angeboten wird.

Nach dem verheerenden Erdrutsch bei Nachterstedt (Salzlandkreis) war der Concordiasee gesperrt worden. "Das hat uns die Existenz gekostet - richtig die Existenz", blickt Wolf-Dieter Sonnenberg, dessen Frau die gastronomische Chefin auf der "Seelandperle" war, zurück. Nachdem das Schiff monatelang auf dem Trockenen gelegen hatte, hatte sich der Stadtrat der Stadt Seeland schweren Herzens entschlossen, dieses zu verkaufen. Den Abtransport hat der Kapitän damals mit einem weinenden und einem lachenden Auge gesehen: "Mit einem weinenden, weil das Seeland sein Zugpferd verloren hat - und mit einem lachenden, weil es mit dem Schiff weiter ging auf der Aller als ,MS Bremen'. Die ,Seelandperle' ist so zwar verloren, aber doch nicht am Ende." Für Wolf-Dieter Sonnenberg aber bedeutete es die Arbeitslosigkeit: Ihm wurde zum Jahresende 2009 gekündigt. Im Seeland wurde immer betont, dass, wenn es am See weitergeht, auch wieder ein Schiff gekauft werden soll - doch bis dahin müssten sich alle behelfen.

"Ich habe versucht, in Bernburg auf der Saale als Kapitän anzuheuern, habe mich bei der Weißen Flotte in Magdeburg beworben, doch es hat nicht geklappt. Alle Versuche blieben ergebnislos", schildert der 56-Jährige. Edeltraud Juhnke, eine gute Freundin, gab ihm schließlich den Tipp, dass jemand seine Hütte auf dem Hexentanzplatz verkaufen wolle. "Das war eine Sache, wo ich gesagt habe, das traue ich mir zu, das versuche ich." Wolf-Dieter Sonnenberg nahm Kontakt zu dem Eigentümer des Standes auf und konnte "nach langwierigen Verhandlungen" den Grund und Boden vom Forst pachten sowie die Hütte kaufen. Die hatte schon drei Jahre leer gestanden "und sah innen auch so aus. In mühevoller Kleinarbeit und in Zusammenarbeit mit den Naturfreundehäusern Stecklenberg und Blankenburg wurde daraus das, was jetzt zu sehen ist", erzählt Sonnenberg, der in Bad Suderode zu Hause ist, und weist auf die renovierte und innen komplett neu ausgestattete Hütte. "In der Zeit der Arbeitslosigkeit haben sich so viele Menschen als Freunde erwiesen - ich bin dankbar."

Auf seine neue Aufgabe freut sich Wolf-Dieter Sonnenberg, der mit Leib und Seele Kapitän war und stets gern mit seinen Gästen erzählt hat. "Für mich ist es wichtig, den Kontakt zu den Gästen zu haben, dass man vielleicht auch mal einen kleinen Schwatz machen kann." Natürlich sei es eine Umstellung, vom Steuerrad eines Schiffes in einen Imbiss-Stand zu wechseln. "Aber dadurch, dass ich meiner Frau sehr oft geholfen habe und ein Mensch bin, der sich bewegt und nicht wartet, bis ihm etwas in den Schoß gelegt wird, denke ich auch, dass es okay ist", ist er optimistisch. "Ich habe hier etwas, wo ich mich reinknieen kann. Ich freue mich auf jeden Fall und denke, es wird auch angenommen, weil es ein bisschen was anderes ist."

Im Blick behalten wird Wolf-Dieter Sonnenberg aber auch die Entwicklungen im Nachbarkreis: "Ich warte auf den Tag, an dem auf dem Concordiasee die Schiff-Fahrt weitergehen kann." Dann würde er sofort zurückgehen.