Harz Harz: Teutloff hilft «Sorgenkindern»
QUEDLINBURG/WERNIGERODE/MZ. - Der Einstieg ins Berufsleben für junge Menschen ist wie auch der Beginn der Schulzeit ein einschneidendes Ereignis im Leben. Doch nicht jeder schafft den Schritt zur Ausbildung bis auf den Arbeitsmarkt vollkommen hindernisfrei, weil er eine Behinderung hat oder sozial benachteiligt ist. Da hilft meistens eine Unterstützung, wie sie das Teutloff Sozialwerk in Kooperation mit etlichen Institutionen auf regionaler Ebene bietet. "Das Teutloff-Sozialwerk kooperiert mit zahlreichen Partnern, um Übergänge zwischen Maßnahmen und Institutionen für die Teilnehmer sinnvoll zu organisieren und Brüche in der beruflichen Förderung zu vermeiden. Für die Förderung unserer Teilnehmer achten wir auf die optimale Nutzung der regional vorhandenen Ressourcen", umreißt Wernigerodes Geschäftsführer Dieter Steffen die Hilfe.
Für viele Lernbehinderte sei das Sozialwerk die einzige Chance, einen Beruf zu erlernen. Und der Teutloff-Chef macht auch keinen Hehl daraus, dass trotz dieser individuellen Hilfe Jugendliche nach einer gewissen Zeit auch das Handtuch werfen. "Das sind etwa zehn Prozent. Hier fehlt oft nicht das Leistungsvermögen, sprich das Können, sondern die Motivation, also der Wille zur Ausbildung", weiß er. Finanziert wird die berufliche Rehabilitation zu 100 Prozent von der Agentur für Arbeit, die zu 80 Prozent die "Sorgenkinder" an Teutloff vermittelt. "Da besteht eine super Zusammenarbeit", bescheinigt Steffen. Und die Kriterien für Teutloff als Ausbildungsträger seitens der Arbeitsvermittlung seien hart, aber machbar. Da liege "die Latte ganz oben."
Auch wenn das Sozialwerk schon seit mittlerweile 14 Jahren "am Markt" ist, ist es in der Öffentlichkeit noch nicht in aller Munde. Viele Eltern, die Kinder zum Beispiel mit einer Lernbehinderung haben, stehen oftmals ratlos da, wenn es um die Suche nach einem wirklich geeigneten Ausbildungsplatz geht. Denn nicht jeder Betrieb "widmet" sich solchen Problemfällen, weil auch dafür speziell geschulte Ausbilder vonnöten sind. Und da setzt das Teutloff-Sozialwerk an, das zu den insgesamt acht Einrichtungen solcher Art in Sachsen-Anhalt gehört.
Für die betroffenen Jugendlichen ist meist nur eine theoriereduzierte Ausbildung möglich. Für Teutloff gilt es deshalb, immer neue Berufsfelder unter Einbeziehung der regionalen Infrastruktur und in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern der Region zu erschließen, in denen Fachkräfte auf mittlerem und niedrigem Qualifikationsniveau benötigt werden. Die Berufswahlentscheidung erfolgt ausschließlich unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Behinderung, der individuellen Leistungsfähigkeit, der persönlichen Interessen und des regionalen Bedarfs des Arbeitsmarktes.
"Da seit Jahren aber die Beschäftigungsmöglichkeiten auf niedrigem Qualifikationsniveau abnehmen und die Wirtschaft Ausbildung auf höchstem Niveau fordert, gestaltet sich die berufliche Rehabilitation Jugendlicher mit Behinderungen immer schwieriger und es sind durch uns immer neue Strategien zu entwickeln, um unsere Ziele zu verwirklichen", sagt Steffen.
Betreut werden die derzeit 203 Teilnehmer von 50 Mitarbeitern, und sie werden in folgenden Berufen meist in drei Jahren ausgebildet: Helfer in der Hauswirtschaft, Holzbearbeiter, Bauten- und Objektbeschichter, Bürokauffrau /
-mann, Teilezurichter, Metallbearbeiter, Fachkraft im Gastgewerbe und Gartenbaufachwerker. Mit dem neuen Ausbildungsjahr seit Anfang September gehören 62 "Neue" zum ersten Lehrjahr, davon sind 20 aus Quedlinburg. "Wir haben auch Jugendliche, die aus dem Raum Goslar zu uns kommen", sagt Ausbildungsleiterin Kerstin Hamburger. Weitere elf Jugendliche aus dem Bereich Quedlinburg widmen sich der Berufsvorbereitung, weil sie eigentlich noch nicht wissen, was sie werden wollen oder was ihnen überhaupt liegt. Doch im Zeitraum von elf Monaten müssen sie sich für eine Sparte entscheiden, nachdem sie die acht Berufsfelder durchlaufen haben.
Das brauchte Tobias Nesbeda (20) aus Quedlinburg nicht. Er wusste von Anfang an, was er werden will - Koch. "Das war mein Wunsch, weil meine Mutti und mein Stiefvater auch Köche sind", sagt der Auszubildende im dritten Lehrjahr, der jeden Morgen um 5.30 Uhr mit dem Bus nach Wernigerode fährt. Er wurde über die Arbeitsagentur in Halberstadt zu Teutloff vermittelt und genießt wegen seiner Schwäche in der Theorie den so genannten Stützunterricht.
Anfangs ohne Hilfe wäre auch Ron Schultz bei seiner Kochausbildung nicht ausgekommen. Doch es wird ihm ein sehr gutes Engagement nachgesagt. Allerdings sieht er seine Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt nach dem jetzigen dritten Lehrjahr als "mittelmäßig" an, weil es "in der Praxis ein wenig hapert", gibt er selbstkritisch zu. Aber er gehe dorthin, wo es Arbeit gibt - also auch von zu Hause weg.
Ganz am Anfang seiner Ausbildung zum Holzbearbeiter steht Philipp Weber aus Meisdorf im ersten Lehrjahr. Der 18-Jährige kam über eine Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) zum Teutloff-Sozialwerk und ist im Wohnheim des Sozialwerks wie auch etliche andere Auszubildende untergebracht. Sein Ziel: "Ich will richtiger Tischler werden", sagt Philipp. Dazu muss er nach seiner dreijährigen Ausbildung wenigstens mit Zwei abschließen, um dann noch ein Jahr für eine Vollausbildung "dranhängen" zu können, um sich eines Tages Tischler nennen zu können. "Die Entscheidung für eine Ausbildung hier war richtig", sagt der 23-Jährige Quedlinburger David Bartsch. Er durfte jedoch erst nach einer vierwöchigen Probephase die Ausbildung zum Bauten- und Objektbeschichter antreten. Zuvor hielt er sich mit einem berufsvorbereitenden Jahr und einem Ein-Euro-Job über Wasser. Aber mit dieser Ausbildung sieht er eine neue Chance, aus seinem künftigen Leben etwas mehr zu machen.
Nach Abschluss eine Arbeit
Auch wenn im Teutloff-Sozialwerk vor allem eine theoriereduzierte Ausbildung erfolgt, werden die Absolventen aus den acht Berufsfeldern bundes- und europaweit in Arbeit vermittelt. Im vergangenen Jahr verließen 67 Absolventen mit abgeschlossener Berufsausbildung das Teutloff-Sozialwerk. 34 von ihnen nahmen unmittelbar nach Abschluss der Berufsausbildung ein Arbeitsverhältnis auf. Diese Zahl erhöhte sich nach sechs Monaten auf 49. Für weitere zehn Jugendliche wurde die Ausbildungszeit verlängert und es erfolgte der Übergang in eine Vollausbildung zum Tischler oder Maler und Lackierer.