Harz Harz: Mit Dach auch an Gemeinschaft gebaut
GÜNTERSBERGE/MZ. - In der 1871 gebauten Kirche - der Vorgängerbau war abgebrannt - hat es in den 1930er und 1970er Jahren große Renovierungsarbeiten gegeben; auch dabei gab es große Unterstützung in der Gemeinde, hat Viola Stelter in alten Kirchenprotokollbüchern gelesen. Bei den Arbeiten am Dach war das ebenso. Bereits für das Jahr 2009 hatte die Kirchengemeinde Förderanträge gestellt, um die alten, himmelblauen Asbestschindeln, die undicht geworden waren, herunterzunehmen und das Dach neu einzudecken. Einschließlich ebenfalls notwendiger Fassadenarbeiten umfasste das Projekt 170 000 Euro. Weil das nicht zu stemmen war, wurden einige Arbeiten aus dem Paket herausgenommen. "Wir haben es runtergerechnet bis auf etwa 150 000 Euro", schildert Viola Stelter. Mit dem im Jahr 2009 bestätigten Fördermitteln von Lotto Toto in Höhe von 45 000 Euro, Geldern vom Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten in Höhe von rund 20 000 Euro, 20 000 Euro von der Landeskirche und weiteren 15 000 Euro aus dem Nothilfefonds der Landeskirche sowie Eigenmitteln stand dann im März vergangenen Jahres zwar Geld zu Verfügung. "Aber es fehlten uns immer noch 50 000 Euro", berichtet die Gemeindekirchenratsvorsitzende.
"Wir haben dann einen Aufruf gestartet an alle Einwohner in Güntersberge und die Situation geschildert." 5 000 Euro kamen so über Spenden und verschiedene Aktionen zusammen. So konnten beispielsweise Dachziegel gekauft und signiert werden. "Und wir haben unser Kirchendach zur Adoption freigegeben", verweist Viola Stelter auf jene Aktion, über welche Interessenten gegen einen Obolus von 101,14 Euro - "wir haben das auf den Cent genau ausgerechnet" - "Adoptiveltern" für einen Quadratmeter Kirchendach werden können. Solche Adoptiveltern, die auch eine Adoptionsurkunde erhalten, werden übrigens noch gesucht. Mit 20 000 Euro, die die Reemtsma-Stiftung beisteuerte, und weiteren 25 000 Euro von der Landeskirche war die Finanzierungslücke dann geschlossen.
Zwischenzeitlich war Mitte des vergangenen Jahres mit den Bauarbeiten begonnen worden, um die Förderungen, welche ja befristet waren, nicht verfallen zu lassen. Deshalb hatte sich die Kirchengemeinde entschieden, zunächst mit einer Dachhälfte zu beginnen. Schon dabei zeigte sich, dass die Schäden größer waren als angenommen: So war beispielsweise die Holzkonstruktion angegriffen. "Das war schon ganz schön schlimm. Aber schlimmer geht immer", denkt Viola Stelter an die zweite Dachhälfte, bei der es noch größere Probleme gab. Hier war auch noch ein Befall durch echten Hausschwamm festgestellt worden, so dass auch im Kircheninneren ein größerer Teil der Decke erneuert sowie Putz abgeschlagen und erneuert werden mussten.
Das ist nun alles geschafft. Und das Wichtigste: "Das Dach ist zu. Darüber kann man froh und dankbar sein", unterstreicht Pfarrer Michael Labahn. "Es sind viele Helfer gewesen im Laufe der Zeit, angefangen von denen, die Geld gegeben haben, bis zu denen, die die Kirche geputzt haben", weiß Viola Stelter. Und Michael Labahn ergänzt: "Das erneuerte Dach baut auch an der Dorfgemeinschaft, weil unterschiedliche Menschen ein gemeinsames Projekt unterstützt haben."
Die Kirchengemeinde arbeitet derweil schon am nächsten Projekt: Arbeiten, die wegen der Priorität des Daches nicht gemacht werden konnten und deshalb vorerst zurückgestellt worden waren, sollen nun in einem zweiten Bauabschnitt erfolgen. Dazu zählen beispielsweise Maßnahmen an den Eckpfeilern und das Befestigen loser Steine an der Turmfassade. "Wir haben wieder Förderanträge gestellt und von Lotto Toto eine Zusage in Höhe von 23 000 Euro erhalten", erklärt Viola Stelter. Die Kosten für den zweiten Bauabschnitt belaufen sich auf etwa 90 000 Euro. "Das heißt, wir müssen uns etwas einfallen lassen, um weitere Gelder aufzubringen", so die Gemeindekirchenratsvorsitzende, die mit einem Schmunzeln hinzufügt: "Wir sind nicht so groß und so alt wie der Kölner Dom. Wir haben trotzdem eine Gemeinsamkeit: Wir werden nicht fertig."