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Harz Harz: Kind der Einheit wird 20

Von FRANK RUPRECHT 18.11.2011, 16:46

THALE/MZ. - Freude und ein wenig Wehmut lagen am Donnerstag im Thalenser Klubhaus dicht beieinander. Neben den offiziellen Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen der Maschinenfabrik Thale (MFT) wurde auch deren Hauptgeschäftsführer Peter Kraus verabschiedet. Doch er geht nicht vollends, wie er den fast 200 Gästen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung ankündigte. "Als Gesellschafter bin ich allemal dabei. Aber auch immer, wenn ich gebraucht werde, um die Kontakte weiter zu pflegen", sagte Kraus. Und es sei für ihn eigentlich leicht, zu gehen. Denn, "wenn ein Schiff eine stabile Linie bekommen hat und man weiß, dass es fährt, ist es leicht, sich vom Steuer zu nehmen".

Doch leicht war es nicht immer, wie Kraus zurückblickend die 20 Jahre Revue passieren ließ. Aber die Maschinenfabrik als Kind der Einheit sei ein Wirtschaftsfaktor und der Region eine "Bleibe und eine Existenz für eine Vielzahl von Menschen und Familien". Familien, die in diesem Gebiet Deutschlands beheimatet und geborgen sein wollen.

Mit der Geburt vor 20 Jahren habe man die Uhren neu stellen müssen - von der Planwirtschaft in die Marktwirtschaft. Vorbei war es mit der Ruhe und Geborgenheit am Arbeitsplatz, für viele ungewohnt. Es brach sozusagen eine Gründerzeit an, und die Frage stand, "was hatte der Osten, was hatten wir". Das Ergebnis: Fachkräfte und Improvisationstalent. Damit war ein gewisses Kapital vorhanden. Doch fehlte das Geld. Schnell auf die Wurzeln und Tradition des damaligen Eisen- und Hüttenwerkes Thale mit seiner Technologie besonnen, verabschiedet sich das Stahl- und Walzwerk aus der von der Treuhand für eine D-Mark verkauften Thale AG.

"Dann konnten wir uns rauskaufen, mit Gebäuden und veralteter, doch immerhin funktionsfähiger Grundausstattung. Dafür wurde uns von den Hüttenbesitzern die Hand gereicht. Es war eine sehr offene Hand, in die wir viel Geld zu legen hatten", erinnerte Kraus. Dies waren Momente, wo man die Welt nicht verstanden habe. Doch es gab wenig Alternativen. Kredite wurden aufgenommen. Mit persönlicher Verschuldung und Haftung, an der das Wohl der Familien hingen, machten sich viele schlaflose Nächte breit. Der eigene Besitz stand auf dem Spiel. Die Firma wurde neu geordnet, technisch wurde aufgerüstet. Auch mit Fördermaßnahmen vom Staat, ehrlichen Kunden und fairen Partnern ging es schließlich bergauf. Die Unternehmensführung und die Mitarbeiter zogen an einem Strang, jeder brachte sich ein in diesen Thalenser "Familienbetrieb". "Es ist gut gegangen, der Weg war richtig. Und das Ganze ist mit nicht abreißendem Fleiß und Hingabe der Leiter und Mitarbeiter des Unternehmens begleitet", dankte Kraus allen. Honoriert wurde das Engagement von Peter Kraus in den letzten 20 Jahren Maschinenfabrik und Ausbildungsbetrieb nicht nur mit dem Ausbildungszertifikat der Agentur für Arbeit Halberstadt, das deren Chefin Heike Schittko überbrachte.

Es gab noch einen i-Punkt - die Ehrenurkunde der Industrie- und Handelskammer Magdeburg. Diese kam für Kraus selbst überraschend, er will sie aber als Auszeichnung für die Maschinenfabrik verstanden wissen. Die hat sich nun auch an der Führungsspitze mit Ingenieur Eberhard Quasthoff verjüngt - mit Geschäftsführer Ralf-Peter Krause und Prokurist Erik Wagentrotz.

Insgesamt gab es in den Festreden einen Tenor: Die Maschinenfabrik Thale, bei der laut Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU) "Bodenständigkeit, Zuverlässigkeit, Qualität und hohes gesellschaftliches Engagement zählen", spielt in der Region und gerade in der Bodestadt eine große wirtschaftliche Rolle. Das Unternehmen sei auch ein Garant für die Nachwuchsentwicklung als Herzensangelegenheit. Kraus, der sich um das Thema Ausbildung und Nachwuchs selbst gekümmert hatte, sucht nicht immer nur die "Stars und Sternchen" der Schul- und Gymnasiumsabsolventen. Auch junge Leute mit weniger guten Abschlüssen und einem schwierigen sozialen Umfeld hatten eine Chance. Das waren seit 1993 immerhin 60 junge Leute.