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Harz Harz: Kein Geld für verbrannte Erde

Von FRANK RUPRECHT 15.03.2011, 15:45

REINSTEDT/MZ. - Kathleen Schneider ist seit 22 Jahren mit Leib und Seele Schäferin - sogar Schäfermeisterin. Vor neun Jahren hat sie sich in Sachsen-Anhalt niedergelassen, nachdem sie aus Mecklenburg wegen überhöhter Pachten und wegen des Einzelinteresses eines Großkonzerns regelrecht "vertrieben" wurde. Doch das ist für sie Geschichte. Aber auch in dieser Region stößt sie auf Probleme, die sie an den Rand des Ruins treiben und ihren Ruf schädigen könnten.

Weil die Stadt Ballenstedt über Jahre ihr Osterfeuer auf den Steinbergen, eine Pachtfläche von Kathleen Schneider, abbrannte, bekommt die Schäferin nun für jene zwei Hektar keine EU-Fördermittel aus Brüssel mehr. Ein Verlust von mehreren tausend Euro in fünf Jahren. Geld, das ihr fehlt, um die vielen Schafe ordentlich über vier bis fünf Wintermonate mit Futter zu versorgen. Immerhin stehen in ihrer 1 250 Quadratmeter großen Scheune zwischen Ermsleben und Reinstedt etwa 500 Mutterschafe sowie 26 Ziegen. Und sie lebe ohnehin schon von "der Hand in den Mund", wie sie sagt. "Da haben es sogar Hartz IV-Empfänger besser als ich", vermutet sie.

Mit ihren Sorgen kämpfend, stand sie Mitte Februar ungewollt im Mittelpunkt einer Diskussion im Stadtrat - wenn auch nicht mit Name und Adresse. Da ging es um die Frage, wo die Stadt ihr jährliches Osterfeuer abbrennen wird. Denn am "Steinberg", ausgewiesen als Landschaftsschutzgebiet, ginge es nach Einwänden des Landkreises nicht mehr, weshalb sich für einen anderen Standort entschieden werden müsse. In diesem Zusammenhang hatte Karl-Friedrich Kaufmann von der FDP-Fraktion geäußert: "Das ist eine unsinnige Aussage seitens des Landkreises. Hier geht es wahrscheinlich nur um das Interesse jener Schäferin als Pächterin der Fläche." So jedenfalls damals seine Mutmaßung. Irgendwie schon, wie Kathleen Schneider versuchte zu verdeutlichen. Schließlich handele es sich bei der genutzten Fläche für das Osterfeuer um ein Stück ihrer von der Stadt gepachteten 30 Hektar, die sie bewirtschaftet. Von den Ballenstedter Gegensteinen bis zur Teufelsmauer reicht das Gebiet. Bewirtschaften heißt hierbei, die Flächen zu hegen und zu pflegen wie ein Kleingärtner seinen Schrebergarten. Und das nach Vorschriften des Amtes für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ALFF) sowie nach EU-Richtlinien. "Der Schäfer steht nicht mehr wie früher nur bei seinen Schafen. Da müssen Hecken an den Felsen weg und die Wiese gepflegt werden", nannte sie ein Beispiel für die Biotoppflege. Werde bei Kontrollen vom ALFF nun aber festgestellt, dass die Richtlinien nicht eingehalten oder die Pachtflächen anderweitig genutzt werden, gibt es die beantragten EU-Fördergelder aus dem belgischen Brüssel nicht.

Und so geschah es auch für jene zwei gepachtete Hektar auf den Steinbergen, auf denen das Osterfeuer stattfand und die Stadt Straßenabraum vom Neubau der Ortsdurchfahrt abkippen ließ. Die musste Kathleen Schneider aus dem Fördermittelantrag an das ALFF herausnehmen. Damit waren die Fördergelder auch pfutsch. Denn auch das ALFF habe gegenüber der Brüsseler Behörde Fördergesetze zu beachten.

"Das Gebiet kann nicht einfach als Müllkippe genutzt werden. Alles wurde dort kaputt gefahren und kann nicht mehr als landwirtschaftlicher Feldblock genutzt werden. Die machen in einem Landschaftsschutzgebiet nur Mist", wettert die Schäferin. Ist die ganze Situation für die Schäferin ohnehin schon schwer, erfahre sie aus der Zeitung, dass die Standortfrage für das Ballenstedter Osterfeuer nur zur Diskussion stehe, weil es "um das Interesse jener Schäferin als Pächterin der Fläche" gehe. "Ich muss mich letztendlich den Gesetzen und der Naturschutzbehörde als Brötchengeber beugen. Sonst kann ich hier nicht mehr leben."