Harz Harz: Engel am Haken
THALE/MZ. - Premiere für Jana Förster. Gleich wird die Polizeiobermeisterin, die im Polizeiärztlichen Zentrum in Magdeburg arbeitet, sich an einer Felswand abseilen. Rainer Cleve von der Bergwacht Thale knotet das Sicherheitsseil an dem Gurtsystem, das Jana Förster angelegt hat, fest, hängt einen Karabinerhaken ein und darin schließlich den Radeberger Haken. Durch dieses, im sächsischen Bergrettungsdienst entwickelte Allround-Teil - eine Seilbremse - wird das Seil geführt.
"Ein bisschen nach hinten fallen lassen", gibt Cleve noch Tipps. "Wichtig ist, mit der rechten Hand das Seil festzuhalten. Füße an die Wand, und jetzt einfach mit kleinen Schritten laufen." Jana Förster hat schnell den Bogen raus: "Es geht!" Minuten später zurück hoch oben auf dem Felsen, meint sie, dass das Abseilen schwieriger aussah, als es letztlich war. "Eigentlich war's okay. Es kostet nur erstmal Überwindung", so die Polizeiobermeisterin. "Ich denke, jetzt wäre es nicht das Problem, das nochmal zu machen."
So wie sie sahen es auch ihre Kollegen. Insgesamt 18 Polizeibeamte - Rettungssanitäter der Polizei Sachsen-Anhalts bzw. eine Rettungsassistentin der Polizei Thüringens - haben jetzt eine Weiterbildungsveranstaltung bei der Bergwacht Thale absolviert. Sie sind Polizisten, die "normal" ihren Dienst absolvieren und gleichzeitig eine Ausbildung als Rettungssanitäter haben, die helfen können, wenn beispielsweise ein Kollege verletzt ist, erklärte Marion Budinger. Wie die promovierte Polizeiärztin sagte, führen die Rettungssanitäter der Polizei regelmäßig Weiterbildungsveranstaltungen durch. Im Anschluss an eine ärztliche Weiterbildung sei die Idee entstanden, in den Mittelpunkt einer solchen Veranstaltung das Retten aus der Luft, aus Höhen, aus unwegsamem Gelände zu stellen. Mit diesem haben die Rettungssanitäter der Polizei in Sachsen-Anhalt wenig Erfahrung - im Gegensatz zu den Kollegen aus Thüringen, so Marion Budinger. Der Kontakt zur Bergwacht Thale wurde geknüpft - und den praktischen Teil ihrer insgesamt dreitätigen Weiterbildung absolvierten die Polizisten nun in den Felsen unterhalb des Hexentanzplatzes. "Es ist eine gute Gelegenheit, das kennen zu lernen und zu intensivieren", so die Polizeiärztin.
Dabei gaben die ehrenamtlich arbeitenden Einsatzkräfte der Bergwacht Thale, die im Deutschen Roten Kreuz organisiert ist, zunächst einen kleinen Einblick in ihre Arbeit und stellten ihre Ausrüstung vor. "Bergwachtarbeit bedeutet Retten von Personen aus schwierigem Gelände", sagte Uwe George. Er erklärte unter anderem, wie beispielsweise Gurte, Haken, Seile oder Schlingen zum Einsatz kommen und wie sich die Bergwacht-Mitglieder, die zugleich alle für eine medizinische Erstversorgung ausgebildet sind, bei ihrer Arbeit selbst sichern.
Eingeteilt in zwei Gruppen, wurden dann zum einen das Selbst-Abseilen probiert und geübt sowie das Abseilen mit einer zu bergenden Person demonstriert. Zum anderen stand der Transport von zu bergenden Personen im Mittelpunkt: Geprobt wurde hier das Arbeiten mit einer Seilwinde, einem Statikseilgerät. Dieses ermöglicht es, dass ein Retter allein per Muskelkraft beispielsweise einen auf einer Trage liegenden Verletzten und einen Helfer bergauf befördern kann. Wobei, wie sich schnell zeigte, das Winschen, das Betätigen der Kurbel, doch einiges an körperlichem Einsatz erfordert.
Aus Sicht der Bergwacht sind solche gemeinsamen Aus- bzw. Weiterbildungen eine Möglichkeit, "guten Kontakt zu pflegen zu anderen Behörden oder Leuten, die ebenfalls mit der Rettung zu tun haben", sagte Uwe George. "Wenn es beispielsweise eine gemeinsame Suchaktion gibt, ist es schön, wenn man schon mal miteinander zu tun hatte, weil man dann weiß, was der eine kann und was der andere." Zudem soll so auch die Bekanntheit der Bergwachtbereitschaft größer werden. "Es ist wichtig, dass man weiß, dass diese Kompetenz existiert."