1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. „Es ist schon schade um das Gebäude“

Lücke an der Ortsdurchfahrt in Straßberg „Es ist schon schade um das Gebäude“

In ein paar Tagen wird vom ehemaligen Konsum nichts mehr zu sehen sein. Warum Türen und Fenster vorher ausgebaut werden.

25.04.2021, 09:00
Der Abrissbagger ist schon angerollt. Damit aber  etwas von dem Haus mit der Nummer 222 bleibt, sichern die Straßberger verschiedene Bauelemente. Jochen Illmer (l.) und Heiko Schütz tragen einen alten Türrahmen aus dem Abrisshaus; Heike Schoch  stellt weitere Teile zum Abtransport bereit.
Der Abrissbagger ist schon angerollt. Damit aber etwas von dem Haus mit der Nummer 222 bleibt, sichern die Straßberger verschiedene Bauelemente. Jochen Illmer (l.) und Heiko Schütz tragen einen alten Türrahmen aus dem Abrisshaus; Heike Schoch stellt weitere Teile zum Abtransport bereit. Foto: Susanne Thon

Straßberg - Die Lücke an der Ortsdurchfahrt in Straßberg wird zusehends größer. Erst Anfang der Woche haben die Mitarbeiter der Ascherslebener Firma Roth mit dem Abbruch der Hausnummer 222 begonnen. Seitdem frisst sich der Bagger Stück für Stück durchs alte Gemäuer. Schon in 14 Tagen wird von dem Gebäude, das seit vielen Jahren leer steht, nichts mehr übrig sein.

Wobei: „Nichts“ trifft es nicht ganz. Das wollten die Mitglieder des Ortschaftsrates um Heiko Schütz nicht zulassen – und zumindest etwas erhalten. Und so haben sie sich mit der Stadtverwaltung darauf verständigt, eine ganze Reihe alter Teile zu bergen: Türen, Fenster, Beschläge.

Den Straßbergern habe man vor dem Abriss angeboten, sich solch Bauelemente zu sichern; das sei auch in Anspruch genommen worden, sagt Heike Schoch, Mitarbeiterin der Bau- und Ordnungsverwaltung im Harzgeröder Rathaus. „Wir wollen nicht nur wegreißen, sondern auch Geschichte erhalten“, erklärt Schütz das Anliegen.

„Wenn man reingekommen ist, hat’s immer nach Kaffee gerochen.“

Heike Schoch über den Konsum in Straßberg

Er hat die Aktion initiiert und ist mit vor Ort, als am späten Donnerstagnachmittag unter anderem die Haupteingangstür geborgen wird. Nur ihr Rahmen bleibt im Gegensatz zu anderen im Haus. So sehr sich Florian Klaus auch müht; er kann ihn nicht mehr ausbauen: „Das geht nicht, ohne ihn zu zerstören.“ Also sägt er nur ein verziertes Rahmenstück raus, sichert dieses.

Die Tür gehört zu den Teilen, die nicht irgendwo privat verbaut werden, sondern einen Platz im Gebäude mit der Hausnummer 223 bekommen. Das liegt unmittelbar hinter dem Abrisshaus und soll bis Ende kommenden Jahres von Grund auf saniert werden. Es wird das neue Gemeindezentrum. Knapp 900.000 Euro stehen für die Sanierung zur Verfügung.

Auch wenn die Tür sehr wahrscheinlich nie wieder als Tür genutzt werden wird, ist es Schütz und Schoch wichtig, dass sie sich neben anderen alten Bauelementen im neuen Objekt wiederfinden wird – wenn auch nur als dekoratives Schaustück.

Vorgesehen sei, sie mit Beschriftungen zu versehen; und mit alten Fotos wolle man an das Gebäude erinnern, dass dann längst von der Bildfläche verschwunden sein wird, erklären die beiden. „Dann weiß auch ein Fremder, dass hier mal ein Haus stand und kann sich ein Bild davon machen“, so Schoch.

Ganz spurlos geht der Abriss nicht an den Straßbergern vorbei. „Es ist schon schade um das Gebäude“, sagt Schütz, zumal es sehr alt sei. Davon zeugt dessen alte Hausnummer, die 20. Wie alt genau das Haus ist, lässt sich laut Schoch allerdings nicht sagen, da es immer wieder umgebaut wurde. Aber die Ursprünge der Bebauung an dieser Stelle dürften zwischen 1600 und 1700 liegen.

Sie bleiben erhalten: Tischler Florian Klaus baut die Fenster aus.
Sie bleiben erhalten: Tischler Florian Klaus baut die Fenster aus.
Foto: Heiko Schütz

Seine jüngere Geschichte ist schnell erzählt: Das Gebäude war einst Gast- und Logierhaus und später Konsum. „Wenn man reingekommen ist, hat’s immer nach Kaffee gerochen“, erinnert sich Schoch. Bis in die 2000er Jahre befand sich in der 222 auch noch ein Tante-Emma-Laden; rechter Hand.

Auf der anderen Seite war einmal die Bibliothek, als es sie noch gab, untergebracht. Und im Obergeschoss hatten der Bürgermeister und die Verwaltung ihren Sitz. Zu den letzten Nutzern des Hauses gehörte dann noch die Wasserwehr der Stadt, deren Leiterin Schoch ist. Sie deutet auf die nackte Giebelwand: Dort, wo jetzt das Loch in der Wand ist, befanden sich die Räume. (mz/tho)