Eingemeindung Quedlinburg Eingemeindung Quedlinburg: Brecht: "Wir sind gewappnet"

quedlinburg/MZ - Der Countdown läuft. Am Dienstag um 13 Uhr entscheidet das Landesverfassungsgericht in Dessau über die Zukunft der drei Orte Gernrode, Bad Suderode und Rieder. Während die drei Ortsbürgermeister dem Urteil wohl mit einer Portion Vorfreude entgegensehen - einiges spricht dafür, dass die Richter ihren Beschwerden entsprechen und die Eingemeindung zur Stadt Quedlinburg für ungültig erklären werden -, ist es in Quedlinburg schon im Vorfeld zu beinahe bizarren Situationen gekommen.
Freitag, 13 Uhr: Die letzte Unterschrift kommt unter die „Notzweckvereinbarung“ zwischen der Stadt Quedlinburg und der Verwaltungsgemeinschaft Gernrode - die Kommunalaufsicht des Landkreises Harz genehmigt die Übereinkunft. Samstag, 12 Uhr: Die Sonderausgabe des Amtsblattes mit dem Inhalt der Zweckvereinbarung kommt aus der Druckerei. Oberbürgermeister Eberhard Brecht und sein Stellvertreter Wolfgang Scheller ordnen gemeinsam mit einigen Mitstreitern die Kartons für die Zustellung. Am Sonntag dann stoßen 25 Mitarbeiter der Stadtverwaltung hinzu. Sie sorgen dafür, dass das Amtsblatt bis spätestens Montag in den Briefkästen von rund 15 000 Haushalten in Quedlinburg und seinen drei (Noch-)Ortsteilen landet. Pünktlich, damit die Zweckvereinbarung am Dienstag in Kraft treten kann.
Keine Änderung für die Bürger
„Wir haben im Ernstfall damit zu rechnen, dass das Gericht die Eingemeindung für nichtig erklärt“, sagt Brecht. „Für diesen Fall sind wir jetzt gewappnet.“ Die Stadt Quedlinburg hätte sich zurücklehnen können. Aber, sagt Brecht, „wir haben die Verantwortung für die Mitarbeiter aus der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Gernrode, und wir wollen nicht, dass die Bürger Opfer der Situation werden.“
Darum übernimmt Quedlinburg, falls den Beschwerden stattgegeben wird, als eine Art Dienstleister die Geschäfte für die dann wieder bestehende Verwaltungsgemeinschaft Gernrode. Zumindest in den nächsten sechs Wochen - die Vereinbarung gilt zunächst bis zum 31. März - ändert sich also für die Menschen in Gernrode, Bad Suderode und Rieder nichts, wenn sie ins Standesamt oder das Einwohnermeldeamt müssen. Für diesen Service wird die Stadt allerdings eine Rechnung stellen. Quedlinburg betritt damit auch Neuland. „Eine solche Situation findet man nicht im Gesetz“, sagt Scheller.
Die drei Ortsbürgermeister hätten sich unterdessen nicht an dieser Lösung beteiligt, sagt Brecht. „Sie haben nur die Erwartung geäußert, dass sich die Stadt Quedlinburg kümmern möge.“ Detlef Kunze, Ortsbürgermeister von Gernrode, protestiert: „Über den Abschluss einer Notzweckvereinbarung sind wir nicht informiert worden“, sagt er der MZ auf Nachfrage. Weder vom „Inhalt noch vom Tempo, das jetzt angeschlagen wurde“, habe er etwas gewusst. „Ich habe davon erst erfahren, als ich das Amtsblatt aus meinem Briefkasten geholt habe.“
Die Chancen, dass Kunze am Dienstag um kurz nach 13 Uhr nicht mehr Ortsbürgermeister, sondern Bürgermeister von Gernrode sein wird, stehen nicht schlecht. „Es ist unwahrscheinlich, dass das Gericht die Beschwerden komplett zurückweisen wird“, sagt Scheller. Das Land habe eingeräumt, dass die Auslegungsfrist zum Gesetz über die Eingemeindung nicht eingehalten worden sei. „Und die Richter“, so Brecht, „urteilen nicht mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Folgen.“
Das wollen die Bürgermeister:
Falls das Landesverfassungsgericht in Dessau am Dienstag die Eingemeindung von Gernrode, Bad Suderode und Rieder nach Quedlinburg für ungültig erklären sollte, wollen die drei Kommunen eine Einheitsgemeinde „Stadt Gernrode“ bilden. Das haben die Ortsbürgermeister Detlef Kunze (Gernrode), Gert Sauer (Bad Suderode) und Jürgen Rössling (Rieder) erklärt. Sollten die drei Gemeinden durch den Richterspruch ihre Existenz wiedererlangen, so die Ortsbürgermeister, liege es „vor allem bei der Landespolitik, den in vielen Jahren vor der Zwangseingemeindung deutlich bekundeten Bürgerwillen der Einwohnerschaft der drei Gemeinden, künftig zusammenzugehen, zu berücksichtigen oder aber ein weiteres Mal dezidiert davon abzuweichen“.
Falls das Landesverfassungsgericht in Dessau am Dienstag die Eingemeindung von Gernrode, Bad Suderode und Rieder nach Quedlinburg für ungültig erklären sollte, wollen die drei Kommunen eine Einheitsgemeinde „Stadt Gernrode“ bilden. Das haben die Ortsbürgermeister Detlef Kunze (Gernrode), Gert Sauer (Bad Suderode) und Jürgen Rössling (Rieder) erklärt. Sollten die drei Gemeinden durch den Richterspruch ihre Existenz wiedererlangen, so die Ortsbürgermeister, liege es „vor allem bei der Landespolitik, den in vielen Jahren vor der Zwangseingemeindung deutlich bekundeten Bürgerwillen der Einwohnerschaft der drei Gemeinden, künftig zusammenzugehen, zu berücksichtigen oder aber ein weiteres Mal dezidiert davon abzuweichen“.