Ein Wunschtraum hat sich erfüllt
Ballenstedt/MZ. - Das heißt nicht, dass Nier hinter sich die Türen schließt und für ihn nun alles vorbei ist. Er wird nach wie vor dem Museum zur Verfügung stehen und sein Wissen weitergeben. Sein größter Wunsch: "Im Jahr 2010 wird das Museum 100 Jahre alt, und dieses Jubiläum möchte ich gern mit vorbereiten." Das soll dann wirklich seine letzte Aktivität sein, wie Nier meint. Nie habe er versucht, die Arbeit seiner fünf Vorgänger zu kopieren. "Ich habe da mein eigenes Konzept gehabt."
Schlosser gelernt
Bevor Nier den Weg zum Museum fand, erlernte er 1957 beim damaligen VEB Hydraulik Ballenstedt den Beruf Schlosser, war dort 20 Jahre, zuletzt als Montageleiter, tätig. Als junger Mensch interessierte er sich für Geschichte, auch für die seiner Heimat- und Geburtsstadt Ballenstedt. Und so zog es ihn seit 1972 nicht unweit von der Arbeitsstätte immer wieder in das von Dr. Fritz Klocke geleitete städtische Heimatmuseum, das früher im "Großen Gasthof" im zweiten Obergeschoss untergebracht war. Zwischendurch hatte er 1969 seine Frau Angelika geheiratet und Tochter Annett, heute 38 Jahre alt, wurde geboren.
Als Klocke 1973 in den Ruhestand ging und das Museum von 1977 bis 1978 wegen der nicht besetzten Leiterstelle geschlossen werden musste, nahm Nier das Glück in die Hände und gab seinen bisherigen Broterwerb auf. Zuerst leitete er das Haus ehrenamtlich, ein Jahr später dann fest angestellt. Schon damals habe er viel Unterstützung von seiner Familie bekommen.
Baupolizei sperrte
Niers Museumsleben begann eigentlich damit, den Flur des Museums zu renovieren und das Schäferzimmer umzubauen. Doch das war am Ende für die Katz, denn 1980 stürzte eine Wand des Redoutensaals ein und das ehemalige Zeughaus wurde deswegen "baupolizeilich" gesperrt. Daraufhin bekam Nier den Auftrag, sich nach einem Ersatzobjekt umzusehen, das mit der Allee 37, dem heutigen Museum, auch gefunden wurde.
Das Haus gehörte einst der Familie Knigge, die bis in die letzte gerichtliche Instanz ging, um die Immobilie im Jahr 2005 zurückzubekommen. Die Stadt darf das Gebäude so nutzen, wie sie es seit 1981 tut, als Heimatmuseum. Als das Objekt gefunden war, tat sich das nächste Problem auf. Im Haus wohnten noch sechs Familien, die untergebracht werden mussten. Das dauerte sieben Jahre, weil Wohnungen zu DDR-Zeiten rar waren. Es gab 500 Wohnungssuchende jährlich in Ballenstedt, und nur vier so genannte Reko-Wohnungen standen der Stadt im Jahr zur Verfügung.
Während der sieben Jahre wurde das herrschaftliche Wohnhaus, das stark verwohnt war, um- und ausgebaut. Vieles wurde in Feierabendarbeit mit Helfern erledigt, auch, weil der Umbau knapp bilanziert war. Das meiste Geld floss vom damaligen Rat des Kreises, Abteilung Kultur. Auch die Stadt gab etwas dazu. Trotzdem waren Eberhard Nier und seine Feierabendbrigade oft auf "sozialistische Hilfe" angewiesen - Hilfe von Betrieben der Stadt, die unter die Arme griffen. "Da gab es mal einen Bagger oder Lkw, dann hat die Tischlerabteilung des früheren Messgerätewerkes geholfen oder es gab Beton vom Betonwerk. Dafür bin ich noch heute dankbar", erzählt Nier und erinnert sich, wie viele Stunden Freizeit in das Museum gesteckt wurden. Als das Schlimmste überstanden war, setzte sich Nier sogar nochmals auf die Schulbank und fing an, Museologie zu studieren, brach zwischendurch ab und beendete das Studium dann extern.
Erster Höhepunkt war 1983 die Übergabe des "Kügelgenzimmers", Dann folgte 1986 die "Stadtgeschichte", 1993 die obere Etage mit der Sonderausstellung "450 Jahre Stadtrecht", am 3. Oktober 1997 die "Volkskundliche Abteilung" im Seitengebäude, das von 1992 bis 1996 völlig um- und ausgebaut wurde, und 2007 die Übergabe der erweiterten und neu gestalteten Kügelgen-Gedenkräume. "Dafür gab es 5 500 Euro Fördermittel vom Land. Nochmal soviel musste die Stadt dazu geben, damit die Räume, Sitzmöbel und Gemälde saniert und restauriert werden konnten", weiß Nier noch.
Erfolge nach und nach
Über all die Zeit packten Nier viele fleißige Helfer, Museumsfreunde und Fachleute kräftig mit an, um das Haus zu dem werden zu lassen, was es heute ist. In den Jahren 2006 / 07 hat die Stadt nochmals viel Geld für die Sanierung von Fassade und Dach in die Hand genommen. Natürlich macht Eberhard Nier auch keinen Hehl daraus, dass in den insgesamt 13 Jahren Bauzeit "gute Beziehungen" nötig waren und sind. Auch habe er viel Zeit in die Allee 37 gesteckt, war mehr dort als zu Hause. "Ich hatte aber immer das Glück, die richtigen Leute für mein Ziel zu gewinnen. Nur durch diese war all das möglich", dankt Eberhard Nier. Er vergisst allerdings auch nicht die sechs Bürgermeister Lissowski, Warzügel, Dirks, Friedrich, Gurke und Schneider, die er in all den Jahren als Unterstützer an seiner Seite hatte.
Besondere Beziehung
Und es verbindet Eberhard Nier noch etwas ganz Besonderes mit dem Haus Allee 37. Das wurde nach dem Zweiten Weltkrieg unter sowjetischer Besatzung ein Kindergarten, der 1948 wieder geschlossen wurde. "Dort war ich in jener Zeit Kindergartenkind", sagte Nier lächelnd, ohne damit etwas verbinden zu wollen.