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Durch einen Kurzschluss entsteht ein Flammenmeer

Von KATHARINA THORMANN 15.11.2009, 15:40

BLANKENBURG/MZ. - Ein Kurzschluss löste im Jugendgästehaus auf dem Heidelberg in Blankenburg ein Horrorszenario aus. Zwei Tote und mehr als ein Dutzend zum Teil Schwerverletzte mussten aus dem in Flammen stehenden Gebäude geborgen werden. 70 Einsatzkräfte aus Blankenburg, Ballenstedt, Quedlinburg, Wernigerode, Halberstadt, Thale sowie Cattenstedt und Börnecke waren dafür im Einsatz, um die 30-köpfige Pfadfindergruppe aus Gifhorn aus den Flammen zu retten.

"Nur durch solche nachgestellten Übungen können sich die Einsatzkräfte auf den Ernstfall vorbereiten", macht Einsatzleiter Thomas Schröder vom DRK Wernigerode, die Gewichtung der fiktiven Szene deutlich. Nicht nur die Alarmierungspläne und die Frist bis zur Herstellung der Einsatzbereitschaft würden überprüft, auch das Verhalten der Führungs- und Einsatzkräfte im Ernstfall.

Rückblick: Es ist 8 Uhr morgens als der Feueralarm in der Jugendherberge losgeht. Ein Kurzschluss im oberen linken Teil des Gebäudes verursacht den sich immer weiter ausbreitenden Feuerherd. Kinder irren umher und schreien vor Schmerzen. Als der Bergungstrupp nach wenigen Minuten des Wartens mit einem Sirenenkonzert im Hintergrund anrückt, ergibt sich für die Männer ein schauriges Bild. Auf der Treppe ein bewusstloser Schüler. Er muss die Treppe heruntergestürzt sein und sich dabei Kopfverletzungen zugezogen haben. Schnell lautet der Funkspruch der Feuerwehrmänner, ihr Gesicht versteckt unter einer Atemmaske: "Wir brauchen dringend einen Arzt und massiv Kräfte." Denn wenige Stufen weiter stoßen sie auf den nächsten Verletzten. Diesmal ein offener Bruch des Beines.

"Das ist ein Hühnerknochen, der wurde mit einer Knetmasse und einer blutähnlichen Flüssigkeit auf meine Haut aufgebracht", erzählt der Pfadfinder später. Über eine Stunde brachten die 14 verletzten Jugendlichen in der Maske zu. Geschminkt wurden blutige Schürfwunden, Verbrennungen, Knochenbrüche und blau angelaufene Gesichter. "Die Jugendlichen haben einen Tag zuvor ein Briefing erhalten, wie sie sich zu verhalten haben", erzählt der Einsatzleiter. Und sie schienen ihre Rolle zwischen künstlichem Rauch und nachgestellten provisorischem Lazarett auf dem Rasen vor der Herberge sehr ernst zu nehmen.

Verwirrt traten sie den Sanitätern und dem Notarzt, die ihnen gelbe Verletzungskärtchen - die so genannte Einteilung in Schadenskategorien - an die Kleidung hefteten, entgegen. "Es tut alles so weh", klagt ein Verletzter über seine Wunden an den Händen. "Es ist interessant, nicht zu wissen, was auf einen zukommt. Man lernt, wie man plötzlich mit der Vielfalt der Verletzten zu reagieren hat", erzählt die Maltester-Ersthelferin Carolin Hahn aus Ballenstedt, während sie einem anderen bibbernden Jungen die Hand hält und beruhigt.

Für die Ballenstedterin war die knapp fünfstündige Großübung eine Premiere im Nachhinein aber auch eine enorme Herausforderung. Ein Kraftakt zwischen der Fahrt im Krankenwagentransport und der Betreuung der Schwerverletzten. Einer davon ist der 18-jährige Denis. "Ich habe Tischtennis gespielt und als der Alarm losging, habe ich mich beim Aufheben des Balls an der Tischkante gestoßen", berichtet der Pfadfinder von seinen Schwindel-Symptomen. Es sei spannend zu sehen, wie die Einsatzkräfte auf ihn und die vielen Verletzten reagieren, bemühte sich der 18-Jährige um eine wirklichkeitsgetreue schauspielerische Leistung.

Diese beeindruckte auch den Einsatzleiter Thomas Schröder. "Die Rettung der Personen war soweit o.k." Die Jugendlichen hätten das nachgestellte Szenario gut rübergebracht. "Ziel war es, dass die Rettungskräfte unter Stress arbeiten sollen." Das sei nach Ansicht des Einsatzleiters, der während der Übung auf einen Teil seines Trupps wegen eines wirklichen Einsatzes verzichten musste, gelungen. Für zwei Jugendliche, glücklicherweise "nur" die zwei Puppen in Pfadfinderuniform, kam die Hilfe jedoch zu spät. Sie wurden abgedeckt, als der letzte Krankenwagen mit den an Armen und Beinen bandagierten Kindern den fiktiven Weg in das nah gelegene Krankenhaus antrat.