Distanzunterricht und seine Tücken Distanzunterricht und seine Tücken : "Ich vermisse die Schule das Lernen mit Freunden"

Quedlinburg - Den Begriff „Homeschooling“ mag Simone Ernst nicht wirklich. „Distanzlernen trifft es eher“, sagt die Leiterin der David-Sachs-Schule in Quedlinburg. Doch das ist schwierig in diesen Tagen, auch wenn die Lehrer in ständigem Kontakt zu ihren Schülern stehen. Umso mehr, wenn nicht alle über die nötige Technik verfügen, um zu Hause lernen zu können.
180 Mädchen und Jungen lernen an der David-Sachs-Schule. Man könne davon ausgehen, dass alle ein mobiles Endgerät hätten, „aber sie teilen sich das auch mit Geschwistern oder fragen die Eltern, ob sie deren Handy nutzen können“, beschreibt die Schulleiterin die Lage.
Weitere Unterstützung wurde bereits zugesagt
Der Quedlinburger Rotary Club hat jetzt geholfen; am Dienstag haben Frank Arand und Markus König dem Förderzentrum sechs Tablets übergeben, die an die Schüler weitergereicht werden.
Sechs weitere Tablets sollen folgen, sagte Arand. Mit der Spende vom Dienstag, sagt Simone Ernst, „konnten wir wieder von 180 Schülern 6 erreichen“ - und ihnen eine bessere Teilhabe am Unterricht ermöglichen.
Geräte laufen mit der nötigen Software
Einer von ihnen ist der 14-jährige Benni. „Ich vermisse die Schule, das Lernen mit Freunden“, sagt er. Dass der Achtklässler jetzt ein Tablet hat, macht die Sache wenigstens beim Lernen leichter: „Ich habe das bisher mit dem Handy gemacht, aber mit dem Tablet ist das viel besser.“
Die Geräte sind mit der für den Distanzunterricht nötigen Software ausgestattet. Sie ermöglicht beispielsweise auch die Klassen-Videokonferenzen mit den Lehrern schnell und einfach. „Lernen bleibt ein sozialer Prozess“, sagt Simone Ernst. „Ohne soziale Beziehungen wird es schwierig.“
„Es ist wichtig, die Schüler zu sehen“
In Corona-Zeiten muss dafür ein Videochat reichen: „Es ist wichtig, die Schüler zu sehen.“ Zwei Fragen stünden dabei im Mittelpunkt: Geht es den uns anvertrauten Schülern gut? Schaffen sie das?, erklärt die Schulleiterin. Es sei eine schwierige Situation für die Eltern und die Schüler, aber auch für die Schule.
Die Tablets ermöglichen den Schülern nicht nur mehr Teilhabe, sondern auch die Chance, schneller in den Wechselunterricht starten zu können - wenn er denn wieder möglich ist.
Die große Mehrheit der Schüler ist über eine Schulcloud miteinander vernetzt, die ähnlich wie WhatsApp funktioniert, „aber datenschutzkonform“, betont die Schulleiterin. Außerdem nutzen sie die Anton-App und die Schulhomepage zum Lernen und könnten ihre Arbeitsergebnisse spiegeln, wenn sie sie zur Bewertung abgeben. „Das Feedback ist für die Schüler ganz wichtig.“
„Das ganze Kollegium hat sich im letzten halben Jahr intensiv damit beschäftigt“
Ebenso haben sich die Lehrer auf die andere Art der Wissensvermittlung eingestellt: „Das ganze Kollegium hat sich im letzten halben Jahr intensiv damit beschäftigt“, sagt die Schulleiterin. Es sei ein Konzept erarbeitet worden, „aber die Kollegen haben auch pädagogische Freiheit“. Außerdem habe man beim Landkreis als Schulträger eine Schul-IT-Abteilung an der Seite, „die auf die Wünsche der Schule eingeht.“
Neben den sogenannten mobilen Endgeräten wurden über den Landkreis auch Drucker für Familien zur Verfügung gestellt, die sich aus eigener Kraft keinen anschaffen können, der aber gebraucht wird, um Arbeitsmaterialien auszudrucken. „Alles Dinge, die uns in der Summe sehr geholfen haben“, sagt Simone Ernst.
„Unsere große Sorge ist, dass einige Schüler auf der Strecke bleiben“
„Im Unterricht sind wir digital unterwegs“, betont sie. Die Schule verfüge über mehrere Klassensätze iPads, die „uns über die Jahre gute Dienste geleistet haben“. Dennoch ist die Technik kein Allheilmittel: „Unsere große Sorge ist, dass einige Schüler auf der Strecke bleiben. Wir erreichen nicht jeden dabei, neuen Stoff so zu vermitteln, dass wir auf dieser Kenntniserweiterung aufbauen können.“
Ihr großer Wunsch: Die Grundschüler so schnell wie möglich wieder in die Schule zu holen. Denn wer die Buchstaben jetzt anders als mit der in der Schule praktizierten Leselernmethode vermittelt bekäme, hätte später Schwierigkeiten, wieder genau dort hineinzufinden.
Täglich persönlicher Kontakt
In den fünf Wochen Schulschließung sollte das bisher Gelernte gefestigt werden, nun aber müsse auch zwingend neuer Unterrichtsstoff eingeführt werden. Das sei - nicht zuletzt wegen der häuslichen Voraussetzungen - schwierig. Deswegen hätten die Lehrer täglich persönlichen Kontakt zu den Schülern oder deren Eltern.
„Fast alle Schüler sind auf Unterstützung in fast allen Lebensbereichen angewiesen“, erklärt die Schulleiterin. Und so steht auch die Schulsozialarbeiterin Gisela Siegfried helfend bereit, um mit den Schülern über deren Probleme zu reden und nach Lösungen zu suchen.
Die Zehntklässler sind derzeit die einzigen, die jeden Tag zum Unterricht in die Schule kommen. Ihnen hilft die Schulsozialarbeiterin auch beim Erstellen der Bewerbungsunterlagen. (mz)