Bürgerhaus in Güntersberge Bürgerhaus in Güntersberge: "Für alle Bürger offen"

güntersberge - Die Geschichte des Bürgerhauses in Güntersberge ist lang und bewegt: Bereits vor knapp 700 Jahren - im Jahr 1326 - wurde es als Rathaus erstmals urkundlich erwähnt. Seine erste bildliche Darstellung allerdings entstand deutlich später - um 1700. Als in Güntersberge am 8. April 1708 ein Großfeuer loderte, waren 76 Häuser betroffen, unter ihnen war auch das Rathaus. „Damals verbrannten alle wichtigen Gebäude“, sagt Ortsbürgermeister Günter Wichmann.
Das Rathaus wurde jedoch schnell wieder aufgebaut und bereits im Juni 1719 von Karl Friedrich, Fürst von Anhalt-Bernburg, neu eröffnet. Aus dem Jahr 1850 stammt dann die nächste bildliche Darstellung. Als der Bürgermeister jedoch 1880 in das Herrenhaus der fürstlichen Domäne umzog, wurde aus dem Rathaus eine Gaststätte mit dem treffenden Namen „Zum Ratskeller“. Während der Zeit der Weimarer Republik war der Ratskeller ein Treffpunkt der Arbeiterschaft, wurde aber 1926 zu einem Kindererholungsheim umgebaut. „In der Nazizeit wurde das Gebäude als ,Bräuteschule‘ (zur Erhaltung der arischen Abstammung) missbraucht“, heißt es in der Schrift zum 725. Geburtstag von Güntersberge im Jahr 2006.
Nach dem Krieg wurde aus dem Ratskeller wieder eine Gaststätte, in der Tanzveranstaltungen und Theater angeboten wurden. 1949 wurde das ehemalige Rathaus zu einer Jugendherberge mit dem Namen des Hamburger Arbeiterführers Ernst Thälmann umgestaltet. Zu deren Eröffnung kam wohl auch Thälmanns Tochter. Die Jugendherberge wurde nach der Wende geschlossen, und ein Fitness-Center zog in das Gebäude ein.
Wie Ortsbürgermeister Wichmann berichtet, kam es Ende der 90er-Jahren zu einem denkwürdigen Treffen: Das Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung (ALF) hatte nach Friedrichshöhe zur Besichtigung eines maroden Gebäudes eingeladen. Dort war jedoch relativ schnell klar, dass dieses Haus im Rahmen der Dorferneuerung nicht mehr zu retten war. „Haben Sie nicht ein anderes Gebäude?“, habe damals der ALF-Verantwortliche gefragt, berichtet Wichmann. Da kam sofort das ehemalige Rathaus ins Spiel. Bei der Besichtigung wurde man sich schnell einig. „Macht das doch!“, habe der ALF-Mitarbeiter gesagt. „Da haben wir eine gute Förderung gekriegt“, sagt Wichmann, „und das in Angriff genommen.“
Aus dem heruntergekommenen Gebäude wurde bis zum Jahr 2000 das neue „Bürgerhaus“ - ein schönes Fachwerkgebäude mitten im Ort mit einem kleinen Platz davor. „Es ist für alle Bürger offen“, sagt Ortsbürgermeister Wichmann, der im ersten Stock sein Büro hat. So kann der Ratssaal, in dem sich auch der Ortschaftsrat trifft, für 50 Euro für private Feiern gemietet werden. Die Vereine bekommen ihn kostenlos.
Das Obergeschoss hat sich der Güntersberger Faschingsclub in Eigenregie ausgebaut. Außerdem teilt sich der Harzklub einen Raum mit der Blaskapelle, und ein paar Zimmer sind auch an ein Nagel- und Kosmetikstudio vermietet. Im Erdgeschoss ist zudem die Tourist-Information untergebracht.
„Wir wollen hoffen, dass das alles erhalten bleibt“, sagt der Ortsbürgermeister. „Der Haushalt von Harzgerode sieht schlecht aus.“ Kindergarten und Schulen seien bereits verschwunden. „Wenn auch noch das Bürgerhaus geschlossen würde, wäre alles weg.“ Einen Lichtblick gibt es immerhin: Die Stadt Harzgerode will die Tourist-Info durch die Beschäftigung eines 1-Euro-Jobbers erhalten.