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Bücherfrühling in Quedlinburg Bücherfrühling in Quedlinburg: Ein Auftrag in Amerika

Von Dominic Borchert 23.03.2014, 20:17
Gojko Mitic (r.) leiht in der Lesung mit Eberhard Görner einem Delawarenhäuptling seine Stimme.
Gojko Mitic (r.) leiht in der Lesung mit Eberhard Görner einem Delawarenhäuptling seine Stimme. Chris Wohlfeld Lizenz

Quedlinburg/MZ - Im Palais Salfeldt ist am vergangenen Freitag der 14. Quedlinburger Bücherfrühling eröffnet worden. Bis zum 10. Mai werden in diesem Rahmen nun Lesungen, Bühnenstücke, Workshops und weitere Veranstaltungen in den Kultureinrichtungen Quedlinburgs angeboten.

Die offizielle Eröffnung nahm Eike Helmholz vom Kulturzentrum Reichenstraße vor, das wie in jedem Jahr auch 2014 zahlreiche Veranstaltungen ausrichten und damit einer der wesentlichen Träger des Bücherfrühlings sein wird. Unter anderem sollen einige Literaturverfilmungen gezeigt werden, die ins Programmheft aber nicht mehr aufgenommen werden konnten. Auf der Internetseite des Kulturzentrums werden die Titel und Termine zeitnah bekannt gegeben.

Erster Höhepunkt der Reihe

Die Auftaktveranstaltung zum diesjährigen Bücherfrühling bot gleich den ersten Höhepunkt der Reihe, bei dem die Organisatoren besonders prominente Gäste präsentieren konnten. Der Dramaturg und Autor Eberhard Görner und DDR-„Oberindianer“ Gojko Mitic lasen gemeinsam aus Görners Buch „In Gottes eigenem Land“.

Görner, der unter anderem am „Polizeiruf 110“ mitgewirkt und zahlreiche Dokumentarfilme gedreht hat, sagte zunächst einige Worte zur Entstehung des Buches. Er habe 2002 in den Franckeschen Stiftungen in Halle für einen Film recherchiert und sei dort auf die Reiseberichte eines lutherischen Geistlichen aus dem 18. Jahrhundert gestoßen. Dieser Geistliche namens Heinrich Melchior Mühlenberg war 1742 von Halle aus nach Amerika gegangen und hatte sich dort zu einem prägenden Vertreter der lutherischen Kirche entwickelt.

Görner hat sich über mehrere Jahre in die Geschichte lutherischer Amerikamission vertieft und konnte so 2011, pünktlich zum 300. Geburtstag Mühlenbergs, sein Buch „In Gottes eigenem Land: Heinrich Melchior Mühlenberg – der Vater des amerikanischen Luthertums“ präsentieren.

Das Buch beschreibt Mühlenbergs schwierige Arbeit in Amerika ebenso wie die zarte Annäherung von Europäern und Indianern. Die Ureinwohner werden dabei durch ihren Häuptling Fliegender Pfeil vertreten, den Gojko Mitic in der Lesung als starken und weisen Führer interpretierte. Besonders seine tiefe, raumfüllende Stimme machte den Abend zu einem echten Erlebnis.

Im Laufe der Lesung wechselten sich dramatische Schilderungen, etwa die Überfahrt nach Amerika, mit nachdenklichen Passagen ab. So versteht der grimmige Indianerhäuptling erst durch die hölzerne Krippe eines erzgebirgischen Einwanderers, dass viele Europäer nur schweren Herzens und aus großer Not nach Amerika kamen.

Die Bewunderer von Gojko Mitic kamen an diesem Abend voll auf ihre Kosten. Nach der Lesung zitierte er selbst noch aus Briefen von Indianerhäuptlingen und stellte sein Talent als Sänger unter Beweis. Auch stand er geduldig für Fotos und Autogramme zur Verfügung und plauderte mit den Besuchern über seine bewegte Karriere.

„Tsunami der Medienwelt“

Eberhard Görner betonte indes, wie wichtig eine Veranstaltung wie der Bücherfrühling sei, „um das geschriebene Wort zu schützen, dass im Tsunami der modernen Medienwelt verloren zu gehen droht.“ Auch fühlte er sich geehrt, den Bücherfrühling eröffnen zu dürfen. Zum Abschluss wies er noch darauf hin, dass sein Buch auf die Bühne gebracht werden soll. In Kooperation der Landesbühnen Sachsen in Radebeul mit Partnern aus den USA wird die Premiere für das Lutherjahr 2017 vorbereitet.

Das Publikum wie auch die Organisatoren haben den Abend als sehr gelungen empfunden, trotzdem gibt die Zahl der Zuschauer den Veranstaltern Anlass zur Sorge. Nur etwa 35 Gäste hatten den Weg ins Palais Salfeldt gefunden. Organisatorin Gabriele Vester findet es schade, dass die Veranstaltung nicht besser angenommen worden ist: „Die Leute haben echt was verpasst.“

Eberhard Görner, „In Gottes eigenem Land: Heinrich Melchior Mühlenberg – der Vater des amerikanischen Luthertums“, Mitteldeutscher Verlag Halle, 324 Seiten, 3. Auflage 2013, 14,95 Euro, ISBN 978-3-95462-112-5.