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Briefmarkenfreunde zu Gast in Quedlinburg Briefmarkenfreunde zu Gast in Quedlinburg: Kleine Botschafter der Heimat

Von Dominic borchert 17.05.2015, 15:16
Sonderstempel für das Treffen in Quedlinburg
Sonderstempel für das Treffen in Quedlinburg Dominic Borchert Lizenz

Quedlinburg - Die „Arbeitsgemeinschaft Privatpost Merkur im Bund Deutscher Philatelisten“ hat sich im Quedlinburger Hotel „Zur Goldenen Sonne“ am Sonnabend zu ihrer Jahreshauptversammlung getroffen. Zahlreiche Briefmarkenfreunde aus ganz Deutschland und dem europäischen Ausland waren erschienen, um sich über Briefmarken und Poststempel auszutauschen, selbige miteinander zu tauschen oder zu verkaufen und um Fachvorträgen zu lauschen.

Der Laie mag sich zunächst über die Begeisterung für Briefmarken und Poststempel wundern, weil doch gerade im Zeitalter der Internetkommunikation die klassische Postbeförderung immer seltener zu werden scheint. Dem widerspricht aber Fred Eckelmann, der als Gastredner eingeladen war. Der Bernburger, ehemals Geschäftsführer eines Privatpostanbieters, ist sich vielmehr sicher: „Den traditionellen Brief wird es noch lange geben.“ Anwälte, Notare wie auch Unternehmen und Stellen der öffentlichen Verwaltung könnten und wollten auch in Zukunft nicht auf ihn verzichten.

Dass Eckelmann an diesem Tag anwesend war, hatte vor allem mit dem besonderen Sammelschwerpunkt der „Arbeitsgemeinschaft Privatpost Merkur“ zu tun. In ihr haben sich jene Sammler organisiert, die sich für die Marken und Stempel von privaten Postanbietern interessieren. Die Arbeit der Deutschen Post oder anderer staatlicher Postbetriebe hingegen spielte an diesem Tag keine Rolle, erklärte Hans Jürgen Bull. Wie der Diplom-Mathematiker aus Eberswalde ausführte, sei die Beschäftigung mit Privatpostanbietern auch eine Art historisches und detektivisches Hobby. Es gelte dabei nicht nur den verschiedenen Anbietern nachzuspüren, sondern auch ihre Verflechtungen untereinander und die Entwicklung des Marktes nachzuzeichnen. Allein das sei ein höchst spannender Aspekt des Hobbys. Darüber hinaus sei das „auch ein Teil Wirtschaftsgeschichte und allein deshalb wichtig.“ Auch jüngere Leute sollten sich häufiger damit beschäftigen, meinte Bull und denkt dabei etwa an Schulprojekte. Denn dass der Verband Nachwuchssorgen hat, ist kein Geheimnis und wurde auch an diesem Sonnabend sichtbar.

Dabei bietet gerade die Beschäftigung mit Privatpost spannende Anknüpfungspunkte. Da die meisten Anbieter vor allem lokal oder regional arbeiten, ist die Identifikation mit der eigenen Region viel stärker gegeben. So werden beispielsweise Sehenswürdigkeiten, bestimmte regionale Traditionen oder Festtage auf Marken verewigt. Briefe können auf diese Weise zu „kleinen Botschaftern meiner Heimat werden“ wie etwa Manfred Klaus sagt, der gerade dieses lokalpatriotische Interesse als wichtigen Antrieb seiner Sammelleidenschaft sieht. Im privaten Postverkehr sei er immer stolz, Briefmarken mit lokalem Bezug zu nutzen.

Fred Eckelmann, der über viele Jahre mit seiner Briefbeförderungs-GmbH im Raum Bernburg gearbeitet hat, bestätigt das: „Man versucht, territoriale Geschichten auf den Markt zu bringen.“ Eckel-mann trat an diesem Sonnabend als Vertreter des MZZ-Briefdienstes auf, dem Postdienstleister der Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung. Er hatte an diesem Tag nicht nur einen Sonderstempel des MZZ-Briefdienstes mitgebracht – ein Schmuckstück für Sammler: datiert, mit genauen Angaben zum Anlass und nur an diesem Tag im Einsatz. Er berichtete in seinem Vortrag aus seiner Arbeit als privater Postanbieter.

Moderne Privatpostanbieter haben sich mittlerweile neben der Deutschen Post etabliert, über 1 500 in ganz Deutschland. Heute hätten sie insgesamt einen Marktanteil von zehn bis 15 Prozent, informierte Eckelmann. Es laufe im Moment ganz gut „auch wenn wir Privaten das Monopol des gelben Riesen nicht werden brechen können“. Vorteil der Privatanbieter seien vor allem die günstigeren Konditionen und die bessere Verfügbarkeit, so bietet der MZZ-Briefdienst in Sachsen-Anhalt über 150 Verkaufs- und Annahmestellen.

Privatpost ist also aktuell – eine neuzeitliche Erscheinung ist sie aber nicht. Das betont Horst Müller, langjähriger Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft Privatpost Merkur.“ Auch wenn moderne Privatpostanbieter in Deutschland erst seit 1998 arbeiten konnten – vorher galt das Briefmonopol – so gab es doch bis Anfang des 20. Jahrhunderts private Anbieter in Deutschland. Hier fänden Wirtschaftsgeschichte und Interesse an der Region zusammen, erläuterte Müller und präsentierte Marken des privaten Unternehmens „Brief-Beförderung Courier“, das um 1900 in Halberstadt existierte. (mz)

Der „Brief-Beförderung Courier“ existierte um 1900 in Halberstadt.
Der „Brief-Beförderung Courier“ existierte um 1900 in Halberstadt.
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