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Breites Sortiment erfreut die Kunden seit nun 100 Jahren

Von Gerd Alpermann 17.08.2007, 16:55

Quedlinburg - Seit 1907 gehörte Martha Schmalz zu den 28 Händlern und Handwerkern der Straße. Sie eröffnete am 24. August 1907, damals 28 Jahre alt, einen "Handel mit Posamentenwaren", wie es in der Bescheinigung des Magistrats der Stadt Quedlinburg hieß, ein Geschäft für Weiß- und Wollwaren. In der damaligen Zeit für eine junge Frau kein alltäglicher Schritt. In dem kleinen Haus in der Altetopfstraße 20, die obere Etage fehlte noch, betrieb ihr Mann bereits eine Schneiderei.

Über 42 Jahre

Martha Schmalz war erst wenige Jahre zuvor, nach dem Tod ihrer Eltern, aus Schlesien gekommen, wohnte zunächst bei ihrer Schwester in Thale und arbeitete in den Eisenhüttenwerken. Mit der Heirat von August Schmalz im Jahr 1904 änderte sich ihr Leben. 1903 war das Haus in der Altetopfstraße gekauft worden und dort sollte sie ab 1907 und bis 1949 für 42 Jahre das Zepter führen. Zwar stehen als Inhaber auch Männer im Handelsregister, aber das Geschäft führten immer die Frauen der Familie, weist Eike Schmalz auf eine Tradition hin, die seit 2005 Tochter Anke Wachsmuth-Schmalz als Inhaberin fortsetzt.

Martha Schmalz führte das Regiment im Haus, ab 1928 unterstützt von Schwiegertochter Irmgard Schmalz. Für das Geschäft arbeiteten auch eine Weißnäherin und eine Putzmacherin als Angestellte, so dass auf Kundenwünsche direkt reagiert werden konnte. Da war es in dem kleinen Haus oft sehr eng. Die Waren stapelten sich auch im kleinen Wohnzimmer, die "Gute Stube von Schmalz", die heute als kleines Museum vom Hausherrn hergerichtet ist. Dort im ersten Stock spielte sich das Leben der Familie ab, erinnert sich Eike Schmalz. Dort wurde gearbeitet, gewohnt und gefeiert. Eng ging es immer zu, denn bei Schmalz erwarteten die Kunden ein breites Sortiment, das war vor Jahrzehnten so und so ist es heute noch immer. Obwohl sich die Verkaufsfläche Anfang 1990er Jahre verfünffachte, die Enge blieb.

Eigene Kataloge

Die Kunden kamen und kommen nicht nur aus Quedlinburg, sondern auch aus der Umgebung. Die Menschen, darunter viele Landleute, kauften bei Martha Schmalz für die Kinder den Matrosenanzug und das Leibchen, für die Frau die Schürzenborte und das Kopfkissen. Dass alles da war, wurde einfach erwartet, bei Martha Schmalz. Trotz manch Höhen und Tiefen, diese besonders nach den Weltkriegen, konnte Martha Schmalz das Geschäft immer über die Runden bringen. Zu den guten Zeiten wurden sogar eigene Kataloge gedruckt. Nach dem Tod von Martha Schmalz im Jahr 1949 übernahm Sohn Karl die Firma. Im Laden stand seine Frau Irmgard, denn er leitete den Samenbetrieb Carl Beck, kümmerte sich in der Altentopfstraße 20 nur um die Buchführung. Ab 1963 stand ihr wiederum die Schwiegertochter zur Seite.

Eike Schmalz trat 1975 die Nachfolge seines Vaters an, seine Frau Rosemarie war bis 1979 im Landen, dann seine Tochter Anke, die 2005 die Firma übernahm. Seine Tochter überzeugt zu haben, war ihm wichtig, denn die Tradition sollte erhalten bleiben: "Wir sind nur ein Glied in der Kette der Ahnen. Die Vorgänger sollen nicht umsonst gearbeitet haben." Die Grundlage dafür wurde Ende der 1980er Jahre gelegt, das Nachbarhaus Nummer 21 erworben und umgebaut. Die Verkaufsfläche konnte so deutlich vergrößert werden. Der Platz reicht trotzdem nicht aus, denn die große Auswahl blieb bei Schmalz das Prinzip, das die Kunden kennen und erwarten, auch heute.

Die 100-jährige Geschichte des Handelshauses Martha Schmalz in Quedlinburg bietet manch Anekdote. Zum Beispiel wurde das 50-jährigen Bestehen 1957 fast verschwiegen. Die Industrie- und Handelskammer hatte dezent darauf hingewiesen, bloß nicht aufzufallen, damit der Staat nicht auf das private Geschäft aufmerksam werde. So ist "Martha Schmalz" heute eines der wenigen Traditionsgeschäfte Quedlinburgs und besteht nun 100 Jahre.