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Bodenschätze Bodenschätze: Kanadier suchen im Harz nach Erdgas

Von Ingo Kugenbuch 11.09.2012, 14:05

Osterwieck/MZ. - Die gute Nachricht vorweg: Die kanadische Firma BNK will im Harzkreis Ergas fördern, aber auf das umstrittene Fracking-Verfahren verzichten.

Beim Fracking wird ein Gemisch von Sand, Wasser und giftigen Chemikalien in den Untergrund gepresst, um ihn aufzubrechen und das Gas freizusetzen. Kritiker des Verfahrens fürchten, dass es das Grundwasser und den Boden vergiftet. "Wir haben das Fracking hier im Harzkreis nicht mehr im Programm", sagt Dieter Wehmeyer, Deutschland-Repräsentant von BNK, im Gespräch mit der MZ. "Wir gehen davon aus, dass diese Technik nicht zum Einsatz kommen wird."

Das so genannte Erlaubnisfeld der kanadischen Firma in Sachsen-Anhalt heißt Harz-Börde und erstreckt sich wie eine große Zunge von der niedersächsischen Grenze im Westen bis zur Zungenspitze in der Nähe von Köthen. Interessant ist aber offensichtlich nur der westliche Rand des Feldes, ein Gebiet, das die Gemeinden Osterwieck, Nordharz und Huy umfasst. "Hier sind ausreichende Mengen auch ohne Schiefergas vorhanden", sagt Wehmeyer. Schiefergas wird durch Fracking gewonnen.

BNK habe in den vergangenen Monaten alle Daten aus dem Erlaubnisfeld analysiert und sei zu dem Schluss gekommen, dass sich die Suche nach Erdgas im nordöstlichen Harzkreis lohnt. "Wir fokussieren uns auf den Großen Fallstein, das ist ein interessantes Gebiet", sagt Wehmeyer. Doch ehe tatsächlich Erdgas im Harz gewonnen wird, werden noch Jahre ins Land gehen. Vor der Förderung steht die Erkundung, und die soll im Frühjahr 2013 starten.

"Wir stehen jetzt am Anfang des Betriebsplans", sagt Wehmeyer. Der wird dem zuständigen Bergamt in Halle vorgelegt. Und erst, wenn er genehmigt ist - dabei werden auch der Landkreis und die betroffenen Gemeinden beteilgt - kann die seismische Untersuchung der Lagerstätte begonnen werden. "Wir haben den Landkreis und die Gemeinden bereits besucht", sagt Wehmeyer. "Wir setzen von Anfang an auf Transparenz und glauben, das Verfahren so beschleunigen zu können."

Im nächsten Fühjahr will BNK mit den seismischen Untersuchungen beginnen. Dazu fahren mehrere große Lkw auf vier insgesamt 70 Kilometer langen geraden Routen durch das Erkundungsgebiet. Diese Linien kreuzen sich zu einer Raute, in deren Mitte der Höhenzug Großer Fallstein liegt. Mit großen Rüttelplatten lösen die Fahrzeuge immer wieder gezielte Vibrationen aus, die tief in den Untergrund eindringen. Dort werden sie reflektiert und gebrochen und ihr Echo von empfindlichen Mikrofonen aufgefangen und per Computer ausgewertet.

"Die Bürger sind in der Regel besorgt, wenn wir durch einen Ort fahren", sagt Andreas Borchers von der von BNK beauftragten Firma Geophysik GGD aus Leipzig. "Denn dann klappert das Geschirr im Schrank." Borchers versichert, dass kein Privatweg, Acker oder Grundstück ohne vorherige Genehmigung betreten werde. "Die Vibrationen sind spürbar, aber nicht gefährlich", sagt Borchers. "Und wenn es trotzdem Schäden gibt, dann werden wir das reparieren oder bezahlen", sagt Wehmeyer. Es werde täglich aktuell über die Zeitung informiert, wo die Erkundungs-trupps gerade unterwegs seien, und die Kontaktdaten der Truppführer öffentlich bekanntgegeben.

Am Ende der seismischen Erkundung steht ein digitales Modell des Untergrunds. Im zweiten Schritt wird es eine oder mehrere Erkundungsbohrungen geben. Dabei werden - geplant ab 2014 - Bodenproben ans Tageslicht gefördert, die weitere Aufschlüsse über die Beschaffenheit der Lagerstätte geben sollen.

Schließlich soll es, falls die Bohrungen erfolgreich sind, einen Fördertest geben. Verspricht die Lagerstätte eine reiche Ausbeute, "dauert es noch einige Jahre, um das Feld zu entwickeln", sagt Wehmeyer. Eine Förderung könnte, von heute an gerechnet, in sechs bis zehn Jahren beginnen. Aus dem Erlaubnisfeld müsse dann ein Bewilligungsfeld werden, so der BNK-Vertreter. Dafür habe sein Unternehmen aber bereits jetzt "eine Vorrangposition", sagt Wehmeyer. "Da kann uns keiner mehr reingrätschen."

Undine Kurth, grüne Bundestagsabgeordnete aus Quedlinburg, betrachet die Pläne der Kanadier mit Skepsis. Während sie konventionell gefördertes Erdgas als "wichtigen Partner auf dem Weg zu 100 Prozent erneuerbaren Energien" sieht, meint sie: "Bei der von der Firma BNK ausgewiesenen Förderstätte scheint es sich jedoch um eine nicht-konventionelle Lagerstätte zu handeln. Bei der Förderung können erhebliche Gefahren für Mensch und Tier entstehen, wie jüngst durch mehrere Studien belegt wurde." Den Einsatz des Fracking lehnen die Grünen und viele Bürgerinitiativen strikt ab. Sie fordern ein bundesweites Moratorium für die Technologie. "Bevor dieses Verfahren angewendet werden darf", sagt Kurth, "müssen noch viele offene Fragen beantwortet werden."