Auf dem Weg nach Frankfurt
BALLENSTEDT/MZ. - "Meist über zwei Jahre laufen diese Projekte in verschiedenen Unternehmen der Region", erklärte Lehrerin Heike Böttcher, "um den Nachwuchs ab der neunten Klasse in der Praxis auf eine spätere berufliche Entwicklung vorzubereiten."
Wenn Christian Rühlmann, der mit seinem Partner Johannes Paul bei der Wegener-Bau die Gestaltung eines Gartens für die Zeitzer Seniorenresidenz entwickelte sagt, "es waren tolle Erfahrungen für meine Zukunft, weil ich Architekt werden will", dann hat es bereits seinen Sinn erfüllt. Dass es dafür auch noch zusätzliche Punkte fürs Abitur gibt, wird fast zur Nebensache.
Am Ende jeden Projekts steht eine Präsentation und Verteidigung vor Lehrern, Eltern, Mitschülern und Firmenvertretern, "eine Art mündliche Prüfung", so Böttcher. Drei der Zwölftklässler hatten zur jüngsten Schau allerdings gegenüber den anderen einen deutlichen Vorteil. Luise Fengewisch, Lucas Westermann und Hendrik Pressel beteiligten sich mit ihrem "BOB" an einem Schülerwettbewerb unter dem Motto "Gut durchdacht", der gemeinsam von den Ingenieurkammern Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, des Saarlandes und Sachsen-Anhalt gestartet und unter der Schirmherrschaft von Jan-Hendrik Olbertz vom Kultusministerium unterstützt wurde.
Vor dem Hintergrund der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika sollten die Nachwuchstechniker das Modell eines Stadiondaches bauen, welches nicht nur die Tribüne eines Fußballstadions überspannt, sondern die Statik berücksichtigt, nur bestimmte Materialien verwendet, vorgegebene Maße ein- und einem Belastungstest standhält. "Das Ziel bestand darin, Schüler vor bautechnische Fragen zu stellen und sie dabei Bauvorgänge und ingenieurtechnische Gesetzmäßigkeiten erkunden zu lassen", begründete die Jury das Anliegen, wobei sich die Ballenstedter bei ihrem Modellbau der technischen Unterstützung des einheimischen Ingenieurbüros Westermann bedienten. "Es war gar nicht so einfach", resümierten die drei im Nachgang, "Bei jedem schwirrten andere Vorstellungen durch den Kopf und wir mussten uns wirklich erst finden." Schließlich einigten sie sich auf eine Konstruktion aus Holz, Bindfaden und Stoff. "Holz ist stabil und trotzdem biegsam, der Stoff leicht und kostengünstig", begründeten sie die Auswahl. Aber die investierte Zeit und Arbeit hätten sich gelohnt. Während die Frau im Team das Schriftliche zur Dokumentation übernahm, bauten die männlichen Partner eine transparente, frei tragende und moderne Tribünenüberdachung, genannt "BOB", was "Berufsorientiertes Bauen" bedeutet. Selbst an Justierungsmöglichkeiten für unterschiedliche Wetterbedingungen wurde gedacht. Dieses wurde vor der Jury präsentiert und auf das Ergebnis gewartet.
Zur Eröffnung der 20. Bauausstellung Sachsen-Anhalts in Magdeburg überreichte schließlich Landesbauminister Karl-Heinz Daehre nach Auswertung des Schülerwettbewerbes "Gut durchdacht" die Preise an die kreativen Jugendlichen. In der Alterskategorie II für die Klassenstufen 9 bis 13 gewann das Ballenstedter Modell hinter dem von Schülern des Winckelmann-Gymnasiums Stendal den zweiten Preis.
Die Freude über den Erfolg war nicht nur bei Luise, Lucas und Hendrik groß, sondern auch bei den Betreuern Eva und Clemens Westermann sowie Lehrerin Heike Böttcher. Aus gutem Grund: Die besten drei aus den jeweils fünf beteiligten Bundesländern qualifizierten sich damit für den länderübergreifenden Gesamtwettbewerb im April 2010. Auf die Reise nach Frankfurt am Main sind die Jugendlichen schon jetzt gespannt, "auch wenn sie mitten in die Prüfungsvorbereitungen fällt."