Auch die Japaner sehen ohne Thalenser Technik in die Röhre
THALE/MZ. - Trotz der mächtigen Bildformate werden selbst rasante Action-Szenen flimmerfrei und ultrascharf serviert, versprechen die Hersteller. Der Zuschauer sehe jedes Detail. Und: Besonders schick seien rahmenlose Geräte, deren Front nur noch aus einer riesigen Glasscheibe besteht. Dass selbst leinwandgroße Bildschirme nicht spiegeln und alle Bildpunkte gestochen scharf erscheinen, ist auch das Verdienst eines Thalenser Familienbetriebes. Jens Krüger geht noch einen Schritt weiter: "In jedem weltweit produzierten und vertriebenen Flachbildschirm-Fernseher ist ein Stück Thale", sagt der 35-Jährige. Er muss es wissen. Schließlich leitet der Jung-Unternehmer mit Vater Manfred Krüger (67) die Geschäfte der Thalenser Krüger Elektronik GmbH.
Die Firma, die seit nunmehr 15 Jahren elektronische Bauelemente entwickelt, produziert und vertreibt, hat sich auf so genannte Leistungsübertrager spezialisiert - Hochfrequenztransformatoren, die auch in der Telekommunikationstechnik eine große Rolle spielen. Zu den Hauptkunden gehört die Hüttinger Elektronik GmbH Freiburg, ein Tochterunternehmen des Laser-Spezialisten Trumpf GmbH. Die Württemberger stellen u.a. Generatoren für die Plasmaanregung her, die jeder Flachbildschirm-Produzent benötigt. Auf diesem Sektor ist die Firma - nach eigenen Angaben - inzwischen der "unangefochtene Weltmarktführer". Und das dank Thalenser Hilfe: Denn die Krüger Elektronik GmbH beliefert Hüttinger mit den nötigen Transformatoren, die bei der Beschichtung der TV-Bildschirmscheiben die erforderliche Prozessenergie gewährleisten. Endkunden sind führende japanische Spezialfirmen. Dass Krügers eines Tages - wenn auch über Umwege - Kunden in Fernost mit Technik und Know-how beliefert, war vor 15 Jahren nicht vorherzusehen.
Die Geschichte des kleinen Unternehmens begann Anfang 1993 im Keller des Krügerschen Privathauses. Mit einer einzigen Maschine und zwei Mitarbeitern. Firmen-Gründer Manfred Krüger, ein gelernter Rundfunk- und Fernsehmechaniker, hatte schon vor der "Wende" mit elektronischen Wickelerzeugnissen zu tun. Schließlich leitete er die Produktionsabteilung der PGH Bild und Ton Quedlinburg, die bereits in den letzten DDR-Jahren verstärkt Übertrager und Transformatoren herstellte. Als die PGH "abgewickelt" wurde, wagte der damals 53-Jährige den Sprung in die Selbständigkeit. Und sein Sohn, der im Eisenhüttenwerk gerade die Ausbildung zum Energie-Elektroniker (Fachrichtung Betriebstechnik) abschloss, machte mit. Bestehende Kontakte zu einstigen Geschäftspartnern zahlten sich aus. "Alle haben uns darin bestärkt, da etwas auf die Beine zu stellen", erinnert sich Jens Krüger.
Erster Kunde wurde die Kommunikationselektronik GmbH Hannover, die den Thalensern bis heute die Treue hält. Im Sommer 1993 hatten Krügers bereits zwölf Mitarbeiter, ein halbes Jahr später bezogen sie in der Thalenser Brückenstraße neue Räume. Die Zahl der Kunden und Maschinen wuchs. 1995 begann für die Firma eine mehrjährige Blütezeit: "Die komplette Digitalisierung des Ostens bescherte uns eine tolle Auftragslage, in Spitzenzeiten hatten wir bis zu 60 Mitarbeiter", weiß Jens Krüger. Und fügt hinzu: "Der Druck aus Asien war damals noch nicht so stark". Schneller als erwartet kam das Ende dieser Epoche, neue Kunden mussten gewonnen, neue Geschäftsfelder erschlossen werden.
Zum Beispiel die Industrieelektronik: Nun wurden auch Leistungsübertrager und Drosseln für Gabelstapler oder Reinigungsgeräte hergestellt. Als trotz Zwei-Schicht-Betriebes in der Brückenstraße die Kapazitätsgrenzen erreicht waren, entschloss sich Manfred Krüger 1995 zum Neubau einer Produktionshalle im Gewerbegebiet Thale / Nord. Zwei Millionen Euro investierte die Familie bis heute in den neuen, 600 Quadratmeter großen Produktionsstandort, der 2007 bereits wieder erweitert wurde.
Denn inzwischen stellt die Krüger Elektronik über 1 000 verschiedene Bauteile für etwa 120 Kunden her, 140 Zulieferer arbeiten als Dienstleister für Krüger. 30 Mitarbeiter hat das Unternehmen zur Zeit, 90 Prozent von ihnen sind Frauen, "80 Prozent der Belegschaft ist seit über zehn Jahren bei uns", ergänzt der Firmenchef. Die Mitarbeiterzahl schwankt, ist von der aktuellen Auftragslage abhängig. "Man muss ständig den Markt beobachten, sehen, was der Wettbewerber macht, weitere Standbeine suchen", weiß Jens Krüger. Seit eineinhalb Jahren hat er auch in der Medizintechnik Fuß gefasst, lässt Bauteile für Computertomographen und Röntgengeräte produzieren. Neuester Kunde könnte ein Dosierpumpenhersteller sein, für den er gerade Magnetspulen-Muster hergestellt hat. Weil die Preise der asiatischen Konkurrenz "unter unseren Materialpreisen liegen, wollen wir mit 100-prozentiger Qualität und sehr kurzen Reaktionszeiten punkten", sagt Krüger. Und: "Wir liefern keine Bauteile von der Stange, mit kleineren und spezielleren Produktionsserien können wir individuelle Kundenwünsche erfüllen". Die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsabteilungen der Kunden ist dabei hilfreich. Inzwischen sei er als "kleiner Mittelständler" bei Großkunden wie Hüttinger als "A-Lieferant" klassifiziert - ein Gütesiegel, auf das er stolz ist. Trotz oft zwölf- oder 14-stündigen Arbeitstages ist Jens Krüger auch außerhalb seines Betriebes aktiv - als Schulelternratsvorsitzender des Thalenser Gymnasiums und als Mitglied des Tierpark-Fördervereins. Bis 2005 saß er im Stadtrat und leitete den Finanzausschuss.
Und weil er weiß, dass man gerade in seiner Funktion nie auslernt, absolviert er ein Fernstudium, das ihn zum Techniker und Betriebswirt qualifiziert.