Zuwendung für Herrenhaus
ZSCHEIPLITZ. - "Of course, I'm very happy", sagt Kathrin von Hahn. Ihr Mann hat ihr das Herrenhaus in Zscheiplitz geschenkt, und das hat sie jetzt zum ersten Male in natura gesehen. Und auch, wenn an den Fassaden der Putz bröckelt und die Fenster von Brettern verschlossen sind, ist das wohl keine bloße Höflichkeitsfloskel. Alexander von Hahn, der im vorigen Jahr diesen Teil des Klosterhofes ersteigert hat (wir berichteten), bekundet, er habe sich in dieses herrliche Stückchen Erde verliebt. Der Brite, der in London lebt, sich als Europäer bezeichnet und stolz auf seine familiären Wurzeln in Russland, dem Baltikum und Deutschland ist, führt die Familie zum Gärtchen mit den Herbstblumen und freut sich, dass seine Sprösslinge von den "Chicken" im Hühnerverschlag an der Klostermauer begeistert sind. Auch wenn das von seiner nunmehrigen Mieterin Anita Hübner gehegte Idyll nicht zu seinen Besitzungen gehört, hat es wohl dazu beigetragen, dass der Mann aus London Zscheiplitz ins Herz geschlossen zu haben scheint.
Nachdem der neue Eigentümer vor einiger Zeit die Sicherung des Daches und der Fenster veranlasst hatte, waren am Mittwoch Gespräche mit dem Architekten, dem Landesdenkmalsamt und der Leader-Förderstelle im Naturpark angesetzt. Was von Hahn mit dem Herrenhaus anfangen will, ist offen. Zunächst, so sagt er, werde er sich eine Wohnung einrichten, später sei darüber zu reden, was hier noch untergebracht werden könne. Ein Museum vielleicht oder eine Galerie. Das Haus brauche nicht große Pläne, sondern Zuwendung. Auf jeden Fall solle die Nutzung dazu passen, was die anderen "Herren" auf dem Klosterhof, Winzer Pawis und der Verein der Klosterbrüder, vorhaben. Eile, so versichert von Hahn, habe er nicht. Das Wichtigste sei, dass dem Verfall Einhalt geboten worden ist.
Er sei, so gibt von Hahn im Gespräch Auskunft, auf der Suche nach seinen Wurzeln, und der Kauf des Zscheiplitzer Herrenhauses sei Teil davon: Männer seiner Familie, die aus Deutschland stammt, haben einst als Banker, Militär- und Verwaltungsspezialisten im Dienste des Zaren gestanden. Die Katastrophen des vorigen Jahrhunderts haben seiner Familie ihrer Identität beraubt, und wenn er nun mit seiner Frau, die aus Estland stammt und gleichfalls deutsche Vorfahren hat, dieses Haus in Zscheiplitz rettet, tut er das auch, um seiner Familie ein Stück deutscher Identität zurückzugewinnen.
Früher, so der Brite, sei er im Management einer Bank tätig gewesen. Seine jetzige Profession seien Medien-Produktionen und Publikationen, vor allem aber seine Familie. Die Seite Russianart.tv, die er nennt, bietet Video-Produktionen zu russischer und europäischer Kunst an, auch Firmenprofile, Marktanalysen und Vermögensmanagement. Das Projekt sei nicht auf Gewinn ausgerichtet, alle Reporter und Korrespondenten hätten erfolgreiche Karrieren in der Wirtschaft, Politik und Finanzwesen hinter sich, heißt es dort. Soviel Idealismus wäre dem Klostergut Zscheiplitz zu gönnen.