1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Naumburg
  6. >
  7. Zur Biografie: Zur Biografie: In der Kunstszene des Berlins der 1920er Jahre

Zur Biografie Zur Biografie: In der Kunstszene des Berlins der 1920er Jahre

15.05.2015, 13:12
Bereiten die Ausstellung zu Leben und Werk der Mertendorfer Künstlerin Ursula Vehrigs (1893-1972), die am Sonnabend in der alten Schule und der Kirche Mertendorf eröffnet wird: Lothar Plötner (v.l.), Lothar Mairich, Artur Krumbholz und Hartmut Friedland.
Bereiten die Ausstellung zu Leben und Werk der Mertendorfer Künstlerin Ursula Vehrigs (1893-1972), die am Sonnabend in der alten Schule und der Kirche Mertendorf eröffnet wird: Lothar Plötner (v.l.), Lothar Mairich, Artur Krumbholz und Hartmut Friedland. Torsten Biel Lizenz

mertendorf - Auf den Tischen liegen Fotos und Text-Tafeln, an den Wänden lehnen Gemälde und Zeichnungen - ein buntes Mosaik, das sich bis zum Sonnabend in eine umfangreiche Ausstellung über die Mertendorfer Malerin Ursula Vehrigs (1893-1972) verwandeln soll. Zu sehen sein wird sie bis 14. Juni in Mertendorf in der alten Schule - dem heutigen Gebäude der Verbandsgemeinde Wethautal - sowie in der benachbarten Kirche. Gestern sichteten Hartmut Friedland und Artur Krumbholz vom Mertendorfer Freundeskreis Ursula Vehrigs sowie Lothar Mairich aus Wethau und Lothar Plötner aus Rathewitz das Material.

Auch Familie kommt in den Blick

„Die Ausstellung wird nicht nur die Künstlerin Ursula Vehrigs würdigen, sondern ebenso das Wirken der Familie im Zusammenhang mit der zeitweiligen Braunkohleförderung sowie den Steinzeugwerken hier in Mertendorf“, kündigt Mairich an. Der Großteil der Gemälde und Zeichnungen der Vehrigs sowie zahlreiche historische Aufnahmen und die erläuternden Texte stellte Rudolf Jankuhn zur Verfügung. Der in Berlin lebende Künstler verwaltet den Nachlass von Ursula Vehrigs. Außerdem setzt er sich auf vielfältige Weise, so mit Vorträgen und Publikationen, dafür ein, das Werk der Künstlerin einer möglichst breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Zeremoniell zur Platz-Benennung

Dabei ist der Zeitpunkt der, wie Krumbholz sagt, „längst überfälligen Ausstellung“, von deren Veranstaltern und Partnern - der Verbandsgemeinde Wethautal, der Gemeinde Mertendorf, dem Heimatverein Wethautal und dem Vehrigs-Freundeskreis - bewusst gewählt worden. Hatte doch der Mertendorfer Gemeinderat beschlossen, den Platz vor der ehemaligen Sekundarschule und dem nunmehrigen Feuerwehrdepot in Ursula-Vehrigs-Platz umzubenennen. Dies soll nun am Sonnabend, 16. Mai, ab 15 Uhr mit einem Zeremoniell geschehen. Anschließend, ab 16 Uhr, wird dann die Ursula-Vehrigs-Schau eröffnet.

Dabei hofft Lothar Mairich auf regen Zuspruch, ist Ursula Vehrigs, die 1943 nach der Zerstörung ihres Ateliers in Berlin mit ihrer Mutter Margarete und ihrer Schwester Margot wieder in ihren Heimatort zurückkehrte und die bis zu ihrem Tode auf dem Schachtberg wohnte, doch noch vielen Mertendorfern im Gedächtnis. So erinnern sich auch Mairich und Krumbholz an Aufenthalte in der Veranda ihres Hauses oder ihrem Obstgarten, der ihr nach dem Krieg und während der späteren Jahren half, sich zu versorgen.

In der Ausstellung wird der Besucher nicht nur umfangreiche biografische Angaben über Ursula Vehrigs - so beispielsweise über ihr Leben und künstlerisches Wirken im Berlin der 20er-Jahre - finden, ebenso lädt sie ein zum Betrachten der Werke der Malerin. So kommen die farbenkräftigen, mit starken Pinselstrichen gemalten Porträts in den Blick, etwa das 1917 entstandene der Schwester Margot vor den Mertendorfer Steinzeugwerken. Daneben lehnt eine Naturstudie, sind Kohlezeichnungen zu sehen.

Expressiver Realismus ist prägend

„Was den Stil der meisten Arbeiten von Ursula Vehrigs angeht“, so die Charakterisierung durch Rudolf Jankuhn, „entspricht er dem Stilgemenge der nachexpressionistischen Generation der zwischen 1890 und 1905 geborenen Künstler. Man übernimmt das farblich Expressive der Expressionisten, aber nicht ihre Formübertreibungen. So trifft auf die meisten von ihnen der Begriff des Expressiven Realismus zu.“ Trotz aller Bemühungen allerdings muss die Mertendorfer Schau unvollständig bleiben. Denn nach dem Tode von Ursula Vehrigs wurden große Teile des Familiennachlasses zerstreut. Außerdem beschlagnahmten die DDR-Grenz- und Zollbehörden 31 Werke, obwohl für sie eine Ausfuhrgenehmigung vorlag, als sie zur in München lebenden Schwester gebracht werden sollten.

Impulsgeber für Begegnungsstätte

Aus Sicht Jankuhns sowie der Mitstreiter aus Mertendorf und den umliegenden Orten sollte die Ausstellung nicht nur Auftakt für eine neue Besinnung auf das Schaffen von Ursula Vehrigs sein, sondern ebenso Impulsgeber für weitere Vorhaben. Jankuhn: „Die entscheidende Frage ist: Welche Inspiration war und ist das Werk für die Nachwelt und ihre Menschen? Sollte es gelingen, auf ihrem Grundstück eine Ursula-Vehrigs-Gedenkstätte zu installieren und in einem weiteren Schritt Gebäude und Grundstück zu einem Kunsthof und einer kulturellen Veranstaltungs- und Begegnungsstätte auszubauen, dann hätte sich ihr Arbeiten und Ausharren auf dem Grundstück bis zu ihrem Tode - ohne Flucht nach dem Westen - auf wundersame Weise ausgezahlt.“

Das ehemalige Wohnhaus von Ursula Vehrigs auf dem Schachtberg.
Das ehemalige Wohnhaus von Ursula Vehrigs auf dem Schachtberg.
Biel Lizenz
Gemeindearbeiter Ralf Schumann montiert das neue Straßenschild.
Gemeindearbeiter Ralf Schumann montiert das neue Straßenschild.
Biel Lizenz