Winzer Winzer: Schrumpelig aber zuckersüß

Schulpforte - Die Schatzkiste ist aus Holz geschreinert, ein kleines Schild ziert eine ihrer Wände: Baustelle - betreten verboten. Sie erinnert an eine kleine Hütte, steht direkt in der Klosterkirche in Schulpforte und hütet wahrlich einen Schatz: das Tafelkreuz des Gotteshauses. Vermutlich in der Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden, zeichnet es sich nicht nur durch seine monumentale Größe von 4,75 Metern aus. „Ein Kruzifix auf beiden Seiten bemalt und mit jener ornamentalen Gestaltung gibt es heute in Deutschland nur noch an zwei Orten - im Kloster Loccum in Niedersachsen sowie in Schulpforte“, erzählt Stephanie Exner.
Röntgen und UV-Licht im Einsatz
Die 38-jährige Restauratorin ist dem mittelalterlichen Triumphkreuz in den vergangenen Wochen und Monaten sehr nah gekommen, um es nicht nur auf „Holz und Farbe“ zu prüfen, sondern mit moderner Untersuchungstechnik einen Teil seiner Entstehung nachzuvollziehen. Mit Hilfe von Infrarot wurden Unterzeichnungen sichtbar gemacht. Dank UV-Licht konnten spätere Ergänzungen und Retuschierungen erkannt werden. Röntgenstrahlen erfassten den Zustand des Eichenholzes. Unter dem Mikroskop traten Farbschichten und Pigmente zutage. Zudem wurden Proben entnommen, die weiter untersucht werden sollen. Das Kreuz - von seinem angestammten Platz im 18. oder 19. Jahrhundert abgenommen und erst 1922 wiederentdeckt - habe gelitten - aufgrund Klimaschwankungen und der ungeschützten Aufhängung in der einst verfallenen Kirche.
Hauptsächlich die Feuchtigkeit habe ihren Teil zum jetzigen Zustand beigetragen. „Das Problem ist vor allem die Leinwand, auf die die Farben aufgetragen worden sind. Sie schlägt Blasen, so dass die Farbe abzufallen droht“, erklärt die Restauratorin, die seit 2010 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Bildende Künste Dresden im Fachbereich Kunsttechnologie, Konservierung und Restaurierung von Kunst- und Kulturgut tätig ist. Von der beidseitigen Bemalung sind nur Fragmente erhalten geblieben. Auf der Vorderseite wird die überlebensgroße Christus-Figur deutlich. Zu sehen sind zudem Symbole der Evangelisten Matthäus (Engel), Johannes (Adler), Lukas (Stier) und Markus (Löwe). Auf der Rückseite haben nur noch Details die Zeit überstanden: Knie, Zeh und Teile des Lendenschurzes des Gekreuzigten. Entdeckt wurde bei den Untersuchungen zudem ein kleines Fach für Reliquien, das jedoch leer war.
Altertümlicher Leim aus Hasenfell
Das gemeinsame Projekt zwischen der Hochschule und der Stiftung Schulpforta soll 2015 abgeschlossen sein. Neben den modernen Untersuchungsmethoden greift Stephanie Exner allerdings auch zu „altertümlichen Hilfsmitteln“. Sie verwendet Leim aus Hasenfell sowie aus der Schwimmblase des Störs, um die Leinwand zu fixieren und die Blasen zu beseitigen.
Derzeit ruhen die Arbeiten aufgrund der kühlen Witterung. Trotzdem können Besucher das Tafelkreuz in Augenschein nehmen. Denn die Schatzkiste hat auch ein Fenster.
