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Weinbau an Saale und Unstrut Wie die Pandemie Majestäten ausbremst

Feste und Termine finden nicht statt - und wenn dann rein digital.

Von Andreas Löffler 11.05.2021, 09:02
Zwei Weinprinzessinnen in Corona bedingter „Warteschleife“: Antonia Odenthal (Freyburg/links) und Maria Scheffel (Bad Kösen) präsentieren Trinkschnecken.
Zwei Weinprinzessinnen in Corona bedingter „Warteschleife“: Antonia Odenthal (Freyburg/links) und Maria Scheffel (Bad Kösen) präsentieren Trinkschnecken. (Foto: Andreas Löffler)

Freyburg/Bad Kösen - In einer Hinsicht ist Maria Scheffel, die seit 2018 Bad als Kösener Weinprinzessin amtiert, gegenüber ihrer im August 2020 gekürten Freyburger Kollegin Antonia Odenthal klar im Vorteil: Die heute 22-Jährige hat den ultimativen Jahreshöhepunkt in ihrem Regentschaftsgebiet, die Weinmeile zwischen Bad Kösen und Roßbach, wenigstens einmal „so richtig voll und ganz“ als Weinmajestät begehen und auskosten dürfen: im Jahr 2019 nämlich. Seitdem - 2020 genauso wie im aktuellen Jahr - steigen Pandemie bedingt lediglich virtuelle Ausgaben der alljährlichen Großveranstaltung zu Pfingsten.

Antonia Odenthal allerdings läuft nun sogar Gefahr, das Mega-Event in ihrem Beritt, das Freyburger Winzerfest, während ihrer Amtszeit nicht ein einziges Mal „live und in Farbe“ erleben zu können. Denn nach 2020 wurde das größte Weinfest Mitteldeutschlands jüngst auch für 2021 abgesagt. Die 21-Jährige droht damit als Freyburger Weinprinzessin gewissermaßen „unvollendet“ zu bleiben. „Es sei denn, es gibt eine Verlängerung meiner Amtszeit, wonach es Stand jetzt aber nicht aussieht“, wie sie bedauert.

Zuvor fünf bis sechs Termine pro Woche

Sie seien gewissermaßen „eingedämmte“ Majestäten - so bringt Maria Scheffel ihre nun schon mehr als ein Jahr andauernde emotionale Gratwanderung zwischen weitgehender Untätigkeit und sporadischen Online-Aktivitäten als Weinprinzessin auf den Punkt. „Als noch alles wie gewohnt lief, hatte ich Minimum fünf bis sechs Termine pro Woche“, so die im thüringischen Apolda tätige Polizeibeamtin.

Trotz Schicht- und Wochenenddienst sei sie dabei stets bestrebt gewesen, den Einladungen an als Weinprinzessin möglichst komplett nachzukommen. „Selbst wenn ich am Wochenende nicht frei, sondern beispielsweise Nachtschicht hatte, bin ich einfach ein bisschen eher aufgestanden, um nachmittags vor Dienstbeginn vielleicht noch einen Termin in meinem Ehrenamt wahrnehmen zu können“, so Maria Scheffel. Wenn zuvor Familie und Freunde fast flehten, „und wann hast du mal überhaupt ein bisschen Zeit für uns“, hätten sich die Vorzeichen komplett umgekehrt.

„Der einzige Vorteil dieser Verkostungen in den eigenen vier Wänden ist der absolut stressfreie Nachhauseweg.

Bad Kösens Weinprinzessin Maria Scheffel

„Ich vermisse meine ’Wochenendfamilie’ wie ich unsere verschworene Truppe der 14 Weinmajestäten von Saale und Unstrut immer nenne, wirklich sehr, und bedauere ich es für Antonia umso mehr, dass sie diese dufte Gemeinschaft bislang nur stückchenweise kennenlernen und erleben durfte“, unterstreicht die nun schon in ihrem dritten Prinzessinnen-Jahr „regierende“ Bad Kösenerin. Weitgehend auf persönliche Begegnungen verzichten zu müssen, welche mit ihrem Amt ja „normalerweise“ in großer Zahl und Mannigfaltigkeit verbunden seien, komme sie wirklich hart an, bestätigt Antonia Odenthal.

Wie bereichernd und inspirierend ebendiese sein können, habe sie beispielsweise im vorigen September beim Festakt „30 Jahre Deutsche Einheit“ in Freyburgs Partnerstadt Nierstein (Rheinland-Pfalz) erlebt, einem der wenigen Präsenztermine, die Antonia Odenthal als Weinprinzessin bislang überhaupt wahrnehmen konnte. Von solchen „Knüllern“ wie einer Teilnahme am Bundespresseball, wie sie Maria Scheffel an der Seite von Breitengrad-Winzer André Gussek dereinst vergönnt war, kann sie momentan nur träumen.

Weinbotschafterinnen auf digitalem Wege

Angesichts der Umstände betätigen sich sowohl Maria Scheffel als auch Antonia Odenthal nun eben hauptsächlich auf digitalem Wege als Weinbotschafterinnen der Saale-Unstrut-Region: als Gastgeberinnen und (Video-)Moderatorinnen bei „Weinmeile@ home“ beispielsweise oder beim am kommenden Sonnabend anstehenden virtuellen Kellerfest der Winzervereinigung Freyburg.

Klar seien diese „Ausweichformate“ besser als gar nichts, würdigt Antonia Odenthal. „Aber es fehlt einfach diese sonst ganz selbstverständliche Interaktion mit dem Publikum. Du weißt zum Beispiel nicht, ob die witzige Bemerkung, die du gerade gemacht hast, angekommen ist“, berichtet die Freyburgerin von ihren ganz persönlichen Erfahrungen bei mehreren von ihr durchgeführten Online-Weinproben. „Der einzige Vorteil dieser Verkostungen in den eigenen vier Wänden ist der absolut stressfreie Nachhauseweg“, kommentiert Maria Scheffel mit unbewegter Miene, um nur einen Augenblick später gemeinsam mit Antonia Odenthal herzhaft loszulachen: ein versöhnliches Schlussbild trotz aller derzeitiger Frustration.