"""Wer Sorgen hat, hat auch Likör"""
NAUMBURG. - Wilhelm Busch als Autor von Bildgeschichten für Kinder? Mit diesem noch immer weit verbreiteten Irrtum wurde am Sonnabend im Naumburger Theater gründlich aufgeräumt. "Ach die Welt ist so geräumig und der Kopf ist so beschränkt", so lautete das Motto dieses satirischen Abends. Harmlos beginnende, aber bitterböse endende Geschichten aus der Feder des die pessimistischen Weltsicht Artur Schopenhauers teilenden Verseschmieds bekamen die Zuschauer zu hören. Es sind Moritaten, die fast immer in einer Katastrophe enden und in deren Mittelpunkt eigentlich Anti-Helden stehen.
Meist Zeitgenossen mit einer bigotten Doppelmoral, denen Busch den Spiegel vorhält. So die fromme Helene, die als heimtückische jugendliche Göre ganz unfromm die allerdings alles andere als sympathische Verwandtschaft quält, um später den Trostspender Alkohol zu entdecken. Denn: "Es ist ein Brauch von alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör!" Im Suff stößt die nun angeblich fromme Dame die Petroleumlampe um. Und es kommt, wie es bei Busch nun mal kommen muss: "Und hilflos und mit Angstgewimmer verkohlt dies fromme Frauenzimmer."
Ebenso erfahren die Zuschauer im Theater-Foyer, wie der sich selbst strangulierende Rabe Hans Huckebein ein böses Ende findet oder wie ein Gutmensch, der einen Delinquenten vom Galgen schneidet, von diesem um seine Barschaft erleichtert wird. Dazu gibt's als Gesangseinlage den Gassenhauer "Die Tage der Rosen" aus den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts, der mit seinem "blumigen" Optimismus im krassen Gegensatz zu Buschs Versen steht. Veranschaulichen im Buch Federzeichnungen die Geschichte, so übernehmen diese Rolle im Wortsinn die Schauspieler Kathrin Blüchert, Daniela Gießler und Holger Vandrich. Unter Regie von Ernstgeorg Hering - er zeichnet auch für die Ausstattung verantwortlich - gelingt es dem Trio, den Gestus der Verse nicht nur sprachlich, sondern auch darstellerisch gut rüberzubringen.
Requisiten wie offene Kästen, in die gerade Köpfe reinpassen und deren Wände den Blick wie Scheuklappen einengen, verdeutlichen die im Motto angesprochene und von Busch mit galligem Humor aufs Korn genommene geistige Beschränktheit des deutschen Spießertums. Deshalb hält sich das Mitleid mit den Opfern in Grenzen, haben die mit viel Beifall bedachten Akteure trotz des makabren Endes der Protagonisten immer die Lacher auf ihrer Seite. Das ist nicht nur der gut rübergebrachten pointierten Sprache Buschs zu verdanken. Ebenso spielt da wohl eine gehörige Portion Schadenfreude mit.