Von wegen Burgfrieden
Wendelstein. - Der Blick fällt in das malerische Unstruttal. "Ich fühle mich wohl hier", sagt Kornelia Lück. Sie stammt aus Nordrhein-Westfalen, hat einige Zeit in Nürnberg gelebt. Von Thüringen ist sie nun gemeinsam mit ihrer Tochter Theresa auf die Burg Wendelstein mit ihrem Panoramablick gezogen.
Doch dann ist auch schon Schluss mit der Romantik. Schnee und Eis des Winters verwandelte den Hof in eine Rutschbahn, in dem es abends zudem noch stockdunkel ist, weil kaum eine der vorhandenen Lampen brennt. Direkt in der Wohnung von Kornelia Lück gehen Fenster nicht auf, in einem Keller ragen Elektrokabel ungeschützt aus der Wand.
Bei Versteigerung erworben
Im Februar hatten Mieter eine Woche lang kein Wasser. "Er hat sich erst gerührt, als er selbst betroffen war. Mich stört, wie er mit uns umgeht", betont die Neu-Wendelsteinerin, die seit August in der Burg wohnt. Kürzlich fand ein Rettungswagen den Zugang zur Burg nicht. Kornelia Lücks kranke Tochter brauchte notärztliche Hilfe. Die Einfahrt ist nicht ausgeschildert. Zudem steht dort ein Einfahrtverbotsschild. Architekt Jochen Dreetz ist Eigentümer der Burg, die sich bis Ende der 90er Jahre in der Verwaltung der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft befand und die bei einer Versteigerung für 155 000 Mark erworben hatte. "Das ist alles böser Leumund, und ich ärgere mich darüber", sagt Dreetz mit den Vorwürfen konfrontiert. Nur vier Wohnungen von insgesamt 15 hatten aufgrund der Kälte kein Wasser. Während einer Mieterversammlung habe sich eine Minderheit gegen einen Winterdienst ausgesprochen, und für eine Beleuchtung des Hofes gebe es keinen Rechtsanspruch. "Um die kaputten Lampen reparieren zu können, benötige ich einen Hubsteiger", erklärt der Burginhaber. Und der koste Geld, das allerdings den Betriebskosten der Mieter angerechnet werden würde. Eine schlechte Orientierung gen Burg weist Dreetz ebenfalls zurück: "Ich habe eine beleuchtete Hausnummer anbringen lassen." Seit zwei Jahren ansässig ist Sindy Brüggemann. Schon vor 15 Jahren war Wendelstein ihr Zuhause. Ihr ist klar, dass man angesichts eines historischen Erbes Abstriche an der Wohnsituation machen muss. "Das ist unser Stil. Wir mögen nicht so das Moderne. Doch früher waren die Außenanlagen gepflegter", erinnert sie sich. Damals hat es einen Vertrag zwischen Gemeinde Memleben und Eigentümer gegeben. Der wurde indes gekündigt, wie Verbandsgemeindebürgermeister Götz Ulrich bestätigt: "Die schlechte Haushaltslage und Forderung der Kommunalaufsicht, freiwillige Aufgaben nicht mehr wahrzunehmen, waren die Gründe." Allerdings sei die Zusammenarbeit mit Dreetz, die Burg vor allem auch touristisch attraktiv zu machen, schwierig.
Weitere historische Objekte
"Absprachen wurden nicht eingehalten, bereitgestellte Fördermittel nicht abgerufen. Zur Unterhaltung und Instandhaltung hat er wenig getan. Gebäudeteile stürzten ein, Sicherungsmaßnahmen wurden nicht vorgenommen", zählt der VG-Chef auf. Horst Müller, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Kaiserpfalz, kann das "schwierige Klima" bestätigen: "Seit einigen Jahren gibt es keinen Kontakt mehr."
Doch der Wendelstein ist nicht das einzige Gebäude von Jochen Dreetz, um das sich Kommunen Sorgen machen. In Löthain im Landkreis Meißen verfällt das ehemalige Rittergut, das sogenannte Römerhaus. "Das Gebäude verwahrlost zunehmend. Der Eigentümer reagiert auf Forderungen bezüglich einer Sicherung gar nicht", sagt Heike Kühne vom dortigen Bauamt auf Tageblatt / MZ-Anfrage. In Steinbach nahe Geithain scheint das Herrenhaus des Rittergutes in naher Zukunft ebenfalls keine besseren Zeiten zu erleben.
In Sachen Wendelstein habe er schon kräftig investiert, betont Dreetz indes, so in die Fassade des Westflügels, in Fenster und in das Dach des Nordteils. Unterstützt wurde er bei ersteren Projekten mit Fördermitteln, bestätigt Anke Galler vom Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (Alff). Dass die Burg ein gutes Zuhause biete, mache Dreetz an einem konkreten Fakt fest: Jede der insgesamt 15 Wohnungen sei vermietet, betont Dreetz.