Von Dorf zu Dorf - Priestädt und Nöbeditz Von Dorf zu Dorf - Priestädt und Nöbeditz: Sightseeing in Ortsteilen
Zur ersten Station, Nöbeditz, verlassen wir den Stößener Ortskern Richtung Weißenfels. "Wir halten gleich mal hier vorne links", schallt es von der Rückbank. Und wir biegen in den Hof des alten Rittergutes ein. Der historische Höhepunkt gleich zu Beginn. Na gut. Und hier ist Naumburgs Alt-Oberbürgermeister Curt Becker aufgewachsen? "Hier auf dem Hof hat er seine Kindheit verbracht und ist dann nach Schulpforte und später in den Westen", weiß Orts-Chroniker Schulz. "Und da kommt der neue Eigentümer", sagt er, als Andre Poggenburg auf uns zuläuft. Seit 1995 betreibt Poggenburg auf dem Hof einen Autokühlerfachbetrieb. Zunächst mit seinem Vater, heute allein. Drei Angestellte beschäftigt er, darunter Jörg Scholz, Ostdeutschlands erstem Azubi dieser Fachrichtung überhaupt. "Ja das stimmt, zusammen mit meiner Schwester habe ich das Rittergut der Erbengemeinschaft um Curt Becker abgekauft", berichtet er. Im Wohnhaus, das bis vor einem Jahr als Spätaussiedlerheim diente und teilweise bis zu 50 Personen beherbergte, soll neben ihm und seiner Schwester bald die Großfamilie Poggenburg einziehen. Unter anderem auch seine Lebensabschnittsgefährtin mit Kind. "Hier soll richtig Leben auf dem Hof einkehren. Mit vielen Tieren, damit unser Hängebauchschwein Rudi, das schon mehrfach ausgebüchst ist, nicht mehr so allein ist." Die weitere Nutzung des Haupthauses, deren Fassade Becker noch kurz vor dem Verkauf sanieren ließ, ist ungewiss. Möglicherweise wird hier bald Nöbeditzer Kaffee oder Tee produziert, auch eine touristische Nutzung des Hofes samt Gutspark ist nicht ausgeschlossen.
An den weiteren, wenigen Häusern Nöbeditz' vorbei fahren wir - noch immer Richtung Weißenfels - nach Priestädt. "Hier wohnen die Eltern von unserem Boxer, dem Marcel Herfurth", ertönt es von Bürgermeister Schubert auf der Rückbank. Als einen "ganz zähen Kämpfer" beschreibt er den Vize-Junioren-Europameister und WM-Teilnehmer. Der wohl aktuell bekannteste Sportler des Dorfes, "denn von den Handballern (gemeint ist der HSV Naumburg-Stößen, Anm. d. Red.) kommt keiner von hier. Nach dem Herfurth'schen Haus in der Dorfmitte liegt rechts die alte Kneipe, früher als "Engelsburg" bekannt und attraktiv für alle Freunde des Frühschoppens. "Selbst aus Gröbitz sind früher viele in die Engelsburg gekommen", sagt Friedhelm Schröter. Doch kurz nach der Wende schloss die Kneipe. Wen es heute in Priestädt (oder auch in Nöbeditz) nach Geselligkeit sehnt, nimmt den Weg nach Stößen, in die "Post", auf sich.
"Und hier können wir drehen", schallt es, als vor uns rechts das letzte Haus erscheint und sonst nichts als weites, weiß schimmerndes Feld den Horizont schmückt. Also drehen wir auf dem Parkplatz der Dachdeckerfirma Dach-Helm, die von der Dorfmitte an den Dorfrand gezogen ist und heute von Thomas Rosin geleitet wird.
"Unseren Spießteich können wir Ihnen noch zeigen", gibt die Reiseleitung von hinten bekannt, und der Verdacht drängt sich auf, dass das Ende der Nöbeditz-Priestädt-Tour eingeleitet ist. Zum Spießteich gelangen wir über die Nautzschke, die dem Tal seinen Namen gibt. Der Steg sei einmal eine Brücke für Autos gewesen, die dann aber einstürzte, sagt Bürgermeister Schubert. Und dem Naturschutz zuliebe so nicht wieder aufgebaut wurde. Holzbänke sind um den Teich platziert, der möglicherweise bald einer Forellenzucht dienen wird. In einem kurzen Moment der Ruhe ist die Idylle des Nautzschketals zu spüren. Der leichte Schnee auf den Bäumen hat etwas von tschechischen Märchenverfilmungen. Die Sightseeing-Tour nimmt ein Ende. Mit dem Gedanken an den Satz, mit dem Andre Poggenburg die Vorzüge der Ortsteile beschrieb: "An der Autobahn gelegen - und doch so ruhig, dass man richtig arbeiten und schön leben kann."