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Von Dorf zu Dorf - Kreipitzsch Von Dorf zu Dorf - Kreipitzsch: Wie eine große Familie

Von Michael Heise 01.07.2007, 12:54

Hertha Laumert war damals eine junge Frau, heute ist sie mit 87 Jahren die älteste Einwohnerin von Kreipitzsch. Und erstaunlich fit.

Die Ereignisse von damals hat sie aus dem Effeff parat, sie reiht sie auf, als wäre alles ganz frisch. "Jeder Siedler hatte damals fünf Hektar Land bekommen. Alles haben wir mit den bloßen Händen getan, die Baugrube ausgehoben, die Steine gelegt. Und der Boden hier ist sehr streng - eine harte Arbeit", erzählt Hertha Laumert im Akzent ihrer Heimat. Auch, dass in "Kesen" (Kösen) die Amerikaner waren, in Kreipitzsch aber nicht. Vielmehr haben später die Russen im Schloss Quartier bezogen. "Der erste Kommandant war freundlich, der zweite nicht so." Erinnerungen.

Dass die Scheune des Rittergutes heute im neuen Glanze erscheint, dürfte jeden Kreipitzscher freuen. Klaus Pokrant, der auch ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Crölpa-Löbschütz und Pächter der Gaststätte auf der Rudelsburg ist, hat das Gebäude 1995 erworben, saniert und 1996 als Hotel eröffnet. Ein aufwändiges Unterfangen, dass er aber nicht bereut. "Restaurant und Hotelzimmer werden inzwischen sehr gut angenommen, viele renommierte Unternehmen tagen hier", so Pokrant. Bei alledem hat das Rittergut für ihn symbolischen Wert. Einmal als Bestandteil des Dorfes und zum anderen, da Rudelsburg und Gut - einst als Vorwerk erbaut - zusammengehören. "Die Scheune war ein Schandfleck und würde heute ganz sicher nicht mehr stehen", untermauert er die Kaufentscheidung von damals. Pokrant beschäftigt sieben Mitarbeiter, inklusive eines Lehrlings.

Das Rittergut ist damit Aushängeschild des kleinen Dorfes, das ansonsten wegen der schönen Landschaft liebenswert ist, in die es eingebettet liegt. Sehenswürdigkeiten gibt es hier nicht, höchstens noch die eingezäunte und gepflegte Ruhestätte der Gutsbesitzerfamilie von Schönberg. Aber selbst die befindet sich abgelegen im Wald. Die Straße durchs Dorf samt Fußwegen und Beleuchtung wurde gleich nach der Wende hergerichtet, der Weg unterhalb des Rittergutes folgte. In diesem Jahr soll die Buswendeschleife am Ortseingang erneuert werden. Man möchte sagen, dann ist hier alles paletti. Allerdings wäre eines schön: Wenn das ein oder andere leere Grundstück bebaut würde. Klaus Pokrant wirbt: "Bis zu zwölf Einfamilienhäuser fänden in Kreipitzsch noch Platz, alle Flächen sind erschlossen - ausgewiesenes Bauland. Und die Lage freilich ist sowieso super." Auch Hertha Laumert hätte gern etwas Land verkauft, gleich nebenan ist ihr Grundstück frei.

Eine merkwürdige Episode gibt es auch noch zu berichten. Wer von Kreipitzsch zur Rudelsburg fährt, stellt fest, dass dort etwa 50 Meter Weg unbefestigt sind. Will heißen: die geteerte Straße ist einfach unterbrochen. Warum? Hier wieherte der Amtsschimmel, der da meinte, genau an dieser Stelle würden die Kröten wandern. Liefen sie über den Asphalt, bekämen sie im Sommer heiße Füße. Klaus Pokrant kann da nur mit dem Kopf schütteln. Nicht nur, weil es hier keine Kröten gibt. "Pflege und Sanierung des sandigen und stark abfallenden Stück Weges sind infolge heftiger Regenfälle mittlerweile teurer gekommen als dessen Ausbau."