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Von Dorf zu Dorf - Köckenitzsch Von Dorf zu Dorf - Köckenitzsch: Drei Wege führen ins kleine Dorf

Von Helga Heilig 01.01.2006, 10:40

Wie gemalt, die kleine Bergkirche, die liebevoll unter eifrigem Zutun der Köckenitzscher restauriert wurde. Vor 21 Jahren, als das Material noch knapp war und Kirchen offiziell keine Rolle spielten, packten viele mit an, um das Dach zu decken, damit ihr kleines Gotteshaus mit dicken Wehrmauern vorm Verfall geschützt wird. Zehn Jahre später wurde der Innenraum behutsam restauriert. 40, vielleicht 50 Menschen finden hier Platz, und bei so mancher Feier - Hochzeit, oder Taufe - wird es eng. In den 12 bewohnten Höfen des Dorfes leben um die 60 Menschen, davon zehn Kinder. Jeder kennt jeden, jeder hilft jedem. Fast nichts bleibt verborgen, man weiß voneinander. Zum Beispiel, dass Vera Jahr mit ihren 85 Jahren die älteste Köckenitzscherin ist. Ihr folgt Siegfried Hinniger mit 83. Und heute feiert Joachim Dietrich, gemeinsam mit zahlreichen Gästen, einen runden, seinen 80. Geburtstag. Schon Tage vorher liefen die Vorbereitungen für das besondere Silvesterfest auf Hochtouren. So klein Köckenitzsch auch ist, die wechselvolle Geschichte des Ortes ist umfangreich. Und über die wissen die Bewohner gut Bescheid. Zum Beispiel, dass sie über Jahrhunderte stolze Thüringer waren. In ihren Herzen sind sie es heute eigentlich auch noch. Die Kinder fahren ins thüringische Schkölen zur Schule, und viele ältere Köckenitzscher zieht es zum Einkauf nicht in die Kreisstadt Naumburg, sondern ins "Holzlandstädtchen" Camburg. Als kurz nach der Wende abgestimmt wurde, hat sich die Mehrzahl dafür entschieden, sich dem Freistaat anzugliedern. Daraus wurde nichts. Inzwischen hat man sich damit arrangiert, "hart an der Landesgrenze" zu leben.

Im Dreiseitenhof, an dem rechts vom Eingang der alte Stein mit dem Waidrad zu finden ist, wohnen 13 Menschen, die vier Generationen angehören. Sorgsam bewahrt wird hier alles, was über die Historie von Köckenitzsch und Umgebung etwas aussagt. Heike Walter sammelt diverse Veröffentlichungen über den Ort. Sie kann Auskunft geben über den Hof, der sich seit Generationen in Familienbesitz befindet. Sie kennt die Geschichte des Rittergutes, das seit Jahren den einzeigen Schandfleck im Ort darstellt. Das über alles thronende große Gebäude ist dem Verfall preisgegeben und vermittelt ein düsteres Bild. Heike Walter, diplomierte Agrarwirtschaftlerin, Ehefrau und Mutter von zwei Kindern, den siebenjährigen Johannes und die vierjährige Henriette, ist, wie sie sagt, "Mädchen für alles" in der Wiedereinrichter GbR der Familien Hinniger, Jahr und Kuhn. Auf 28 Hektar wird seit 15 Jahren Ackerbau betrieben. Außerdem gibt es eine Mutterkuhherde, die im Hof der ehemaligen LPG steht. Anders als Ortsfremde, die hier besonders die Stille genießen, sieht es Heike Walter: "Zwischen den Feiertagen ist es zwar ruhig, sonst ist hier immer Betrieb".

Wie in jedem anderen Kirchdorf auch, läuten heute die Glocken das alte Jahr aus und das neue ein. Die Köckenitzscher werden dabei anstoßen und sich gegenseitig ein gesundes, glückliches neues Jahr wünschen. Dabei wird vielleicht auch die Hoffnung ausgesprochen, dass die kleine Dorfgemeinschaft auch weiterhin zueinander steht - in guten wie in schlechten Zeiten.