Vom Zwiebelapfel bis zum Mohrenkopf
Kirchscheidungen. - Sorgsam hat Erhard Bauer die knackigen Äpfel in die Stiege platziert. Knallrot die einen, mit goldenem Schimmer die anderen, und, wie der Naumburger versicherte, aromatisch und wohlschmeckend ein jeder. Nun wünscht er kompetente Auskunft, welche Sorten es denn nun sind, die in dem Garten wachsen, den er da vor einiger Zeit am Naumburger Buchholzgraben übernommen hat.
Iris Hölzer, die Obstfachfrau im Terrain des Naturparkes Saale-Unstrut-Trias-Land, muss nicht lange überlegen: Goldparmänen und Carola werden ihr da vorgelegt. Nur die Früchte der dritten Sorte wendet sie ein wenig unschlüssig, greift zum Messer, teilt eine und schiebt sich ein Stück in den Mund. "Könnte eine rote Alkmene sein", vermutet sie und blättert nun doch in einem Bestimmungsbuch.
Am Sonnabend bot der Regionalverband "Unteres Unstruttal" des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) im Gemeindehaus in Kirchscheidungen erneut eine kostenlose Bestimmung von Apfel- und Birnensorten an. Oft sind es Ratsuchende wie Familie Bauer, die einen Garten mit Baumbestand übernommen haben und nun wissen möchten, welche Sorten da stehen. Mitunter aber haben auch ausgewiesene Kenner der heimischen Natur so ihre Fragen. Irene und Manfred Huth aus Freyburg legten Iris Hölzer am Sonnabend einige kleine, tief dunkelrote Früchte vor, welche die Pomologin schließlich als Purpurrote Zwiebeläpfel identifizierte. Sie stammen von Bäumen, die auf dem Galgenberg bei Freyburg als Ausgleichsmaßnahme für den Straßenbau angepflanzt worden sind. Wie Helene Helm, Regionalvorsitzende des Nabu weiß, pflanzen Bauherren, die zu Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet wurden, gerne mal eine Streuobstwiese an. "Das bringt die meisten Bewertungspunkte", so Frau Helm. Häufig werde aber nicht bedacht, dass diese Streuobstwiesen Pflege brauchen, und auch Obstexpertin Iris Hölzer hat beim Anblick der an den Setzlingen baumelnden Sorten-Etikette zuweilen verständnislos den Kopf geschüttelt. "Da sollte man Sorten wählen, die möglichst wenig Pflege brauchen."
Auch diesmal wurde der Service des Nabu gerne in Anspruch genommen. Die Früchte variieren mitunter im Erscheinungsbild, da hilft der Vergleich mit den Fotos in Bestimmungsbüchern oft nicht weiter. Iris Hölzer verwendet den Klassiker von Herbert Petzold, zu DDR-Zeiten noch im Neumann Verlag Radebeul erschienen, damals eine typische Bückware und heute nur noch antiquarisch erhältlich. Im Gegensatz zu reich mit Fotos ausgestatteten heutigen Ratgebern, ist er mit farbigen Zeichnungen und Aquarellen von Ernst Halwaß illustriert. "Auf denen lassen sich die Besonderheiten einer Sorte besser hervorheben, als auf dem besten Foto, auf dem das Erscheinungsbild ja zudem von der Beleuchtung abhängig ist", macht Hartmut Adam, Naturfreund aus Allerstedt aufmerksam. Beim Mohrenkopf, den Elke Böhme schmunzelnd dem Fotografen vorlegte, konnte dann allerdings auch "Der Petzold" nicht helfen. Die äußerlich noch robuste, ansonsten nahezu schwarze Apfelmumie war schlicht vom Vorjahr übrig geblieben.