Stadthistorie Stadthistorie: Haus, Pelz, Weinberg

A m 15. September 1892 wurde in Naumburg zwischen „Hauptbahnhof“ und „Schwarzes Roß“ (heute Haltestelle „Vogelwiese“) eine dampfbetriebene Straßenbahn mit einer Spurweite von 1000 Millimeter in Betrieb genommen. Grund für den Bau der Straßenbahn war das ständig steigende Fahrgastaufkommen des 1846 eröffneten Naumburger Bahnhofs. Dieser lag sehr weit vom Stadtzentrum entfernt. Man benötigte eine regelmäßige Verbindung zur Innenstadt. Eine Straßenbahn war seinerzeit das modernste städtische Verkehrsmittel.
Die Strecke war etwa drei Kilometer lang. Wegen des relativ einfachen Gleisoberbaus, der ein starkes Hin- und Herschaukeln der Wagen zur Folge hatte, wurde die Straßenbahn von den Naumburgern bald „Wilde Zicke“ genannt. Im Oktober 1906 erfolgte die letzte Fahrt als Dampfstraßenbahn. Die gesamte Strecke wurde auf elektrischen Betrieb umgestellt und verschlissene Gleise erneuert. Gleichzeitig wurde die Strecke vom „Schwarzen Roß“ bis zum „Salztor“ verlängert. Die Inbetriebnahme erfolgte am 2. Januar 1907. Ab dem Jahr 1908 erfolgte eine abermalige Verlängerung der Strecke bis zur Michaelisstraße und in den folgenden Jahren über den Moritzberg bis zum „Hauptbahnhof“. Der Straßenbahnring mit einer Gesamtlänge von 5,3 Kilometer war geschlossen und wurde zu Ostern 1914 eröffnet.
Im täglichen Fahrbetrieb waren bis zu sechs Wagen unterwegs. Es gab fünf Ausweichstellen: „Hauptbahnhof“, „Jägerplatz“, „Markt“, „Salztor“ und „Moritzplatz“, an denen sich die Triebwagen kreuzten. Ab Ende der 1950er-Jahre wurde der Wagenpark durch den Umbau ehemaliger Leipziger Straßenbahnwagen (Aufbauwagen) erneuert. Diese wurden ab 1971 durch gebrauchte Straßenbahnwagen des Typs „Lindner“ aus Halle und ab 1980 durch Wagen des Typs „Lowa“ und „Gotha“ aus Plauen beziehungsweise Nordhausen abgelöst. Am 12. April 1976 befuhren zum letzten Mal Straßenbahnwagen die Strecke über Gartenstraße, Lindenring, Markt sowie Platz der Einheit. Im Stadtzentrum wurde eine Fußgängerzone gebaut. Die Ringstrecke war unterbrochen. Die Straßenbahnwagen verkehrten nur noch im Pendelverkehr zwischen „Lindenring“ über „Hauptbahnhof“ zum „Platz der Einheit“. Im Sommer 1981 begannen die Bauarbeiten für einen neuen Ringschluss am Marienring, welcher am 30. Dezember 1981 in Betrieb genommen wurde. Gleichzeitig entstand die neue Haltestelle „Marientor“.
Am 18. August 1991 verkehrte die Straßenbahn zum letzten Mal als Ringbahn, welche bis dahin in Europa einmalig war. Einen Tag später erfolgte die Einstellung des Straßenbahnbetriebes wegen Straßenbauarbeiten in der Bahnhofstraße. Dabei wurde auch dort der Gleiskörper völlig erneuert, aber eine Wiederinbetriebnahme der Straßenbahn im öffentlichen Personennahverkehr erfolgte nicht. 1994 übernahm eine neu gegründete Straßenbahn GmbH von der Stadt Naumburg alle Anlagen und Fahrzeuge. Durch die Beschaffung von Straßenbahnwagen, vorrangig aus Jena sowie mit Unterstützung des Landes Sachsen-Anhalt und der Stadt Naumburg (Neubau der Strecke zum Hauptbahnhof) wurde es ab 31. März 2007 wieder möglich, dass Straßenbahnen auf dem nunmehr etwa 2,5 Kilometer langen Streckenabschnitt vom „Hauptbahnhof“ bis zur „Vogelwiese“ verkehren können. Zum Einsatz kommen zweiachsige Lowa-, Gotha- und Reko-Triebwagen aus DDR-Produktion. Obwohl es in Naumburg nie eine Pferdebahn gab, befindet sich ein solcher Wagen (Baujahr 1894) im Bestand.
Zur Zeit laufen Planungen um die Strecke von der „Vogelwiese“ bis zum „Salztor“ zu verlängern. Damit wären dann etwa drei Kilometer der ehemaligen Ringbahn wieder in Betrieb.
Die Bahnen verkehren heute im Linienverkehr montags bis freitags von 5.45 bis 20 Uhr und sonnabends und sonntags von 9 bis 18 Uhr (im Sommer an den Sonnabenden bis 20 Uhr) jeweils im Halbstundentakt. Es ist möglich , Sonderfahrten zu bestellen und das Straßenbahndepot im Rahmen einer Führung zu besichtigen.
Der Beitrag wurde unserer Zeitung vom Verein Nahverkehrsfreunde Naumburg-Jena zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.