Stadtentwicklung Stadtentwicklung: Veränderungen im Rückblick
Bad Kösen - Es war Anfang Januar, als Tageblatt/MZ in der Winzervereinigung Freyburg anrief, um den damaligen Geschäftsführer Gerald Lange zu sprechen. „Der ist nicht da und kommt auch nicht wieder.“ Und irgendwie lag Montagnachmittag ein ähnliches Timbre in der Stimme am anderen Ende des Telefons im Landesweingut. Sinn und Zweck des Anrufs dort war es, sich über die Bekanntgabe der Zukunftspläne für den Betrieb zu verständigen. Drei Modelle stehen zur Debatte (wir berichteten, siehe „Pläne)“. Am Freitag nun wollen sich darüber die Aufsichtsräte von Landesweingut und Mutterbetrieb Landgesellschaft verständigen.
Drei Modelle, an welcher Stelle das Landesweingut Kloster Pforta in Zukunft produzieren könnte, stehen zur Debatte. Zunächst an altbekannter Stelle in den Saalhäusern - dann müsste dort umfangreich umgebaut werden, um den Standort sicher vor Hochwasser zu machen. Chance: null Prozent. Variante zwei: Neubau im Gelände der Landesschule Pforta. Chance: 70 Prozent. Oder, besonders reizvoll: hinein in den Köppelberg, den bekannten Weinberg zwischen Bad Kösen und Schulpforte. Chance: 30 Prozent.
Doch Geschäftsführer Kloss, hieß es, sei nicht anwesend, Mitgeschäftsführer Fritz Schumann beschäftigt, außerdem begänne gleich eine Mitarbeiterversammlung. Kurzerhand einberufen sei diese. Und da schrillten sie, die Alarmglocken. Sollte etwa schon wieder ein Geschäftsführer in Abwesenheit seinen Job verlieren? Und tatsächlich, zahlreiche Telefonate später war es Gewissheit. Der Arbeitsvertrag wird über den 31. Dezember hinaus nicht verlängert. Das verkündete der Chef der Landgesellschaft, Willy Boß, den Mitarbeitern persönlich. Übrigens im Beisein des dann doch anwesenden Christian Kloss. „Noch Fragen?“, wurde das Mitarbeiter-Auditorium mehr oder weniger rhetorisch konsultiert. Und damit war es erledigt. Angesichts eines noch gar nicht so lange zurückliegenden Gespräches der beiden Geschäftsführer mit unserer Zeitung eine sehr überraschende Entwicklung. Doch offenbar hatte sich das Verhältnis zwischen Kloss und Belegschaft seitdem verschärft. So ist es zumindest aus dem Weingut und ihm nahe stehenden Kreisen zu vernehmen. Vor allem mit dem noch nicht so lange existierenden Betriebsrat soll es immer größeren Zoff gegeben haben. Und dieser Rat war unlängst in Magdeburg bei der Landgesellschaft und drängte auf personelle Konsequenzen.
Angesichts der ungewissen Zukunft des Betriebsstandortes wird die Reißleine in einem äußerst heiklen Moment gezogen. Gelegenheiten für ein Ende der Ära Kloss hatte es in der Vergangenheit reichlich gegeben. So überstand er die Affäre um den Teilzeit-Kellermeister Weber schadlos, der über dessen Frau ungerechtfertigte Zahlungen über fingierte Rechnungen erhalten hatte. Weder das damals noch zuständige Landwirtschaftsministerium, noch später die Landgesellschaft hatten darin einen Kündigungsgrund gesehen. Doch die vermeintlichen Absicherungen Kloss’ über Bescheide der Aufsichtsgremien, die sein Tun abgesegnet haben sollen, konnten ihn am Ende nicht retten. Und, glaubt man den Stimmen aus den Saalhäusern, war es am Ende nicht derlei Brisantes, das Kloss den Job kostete, sondern eher Probleme in der Betriebsführung, wie es auch die offizielle Mitteilung der Landgesellschaft sagt.
Wer aber übernimmt? Der bald 66-jährige Schumann nennt sich selbst Interimslösung, allein für den eventuellen Neubau eingestellt. Den will er aber schon noch bis zur Fertigstellung in vielleicht drei Jahren begleiten. Laut Schumann wird der Posten nicht ausgeschrieben, sondern werden hausinterne Lösungen angestrebt. Vor allem Weinbauleiterin Franziska Zobel und Kellermeister Christoph Lindner nennt er.
Eine Rückkehr des einstigen Weingut-Marketingchefs Jörg Erdmann, der lange auf eine solche Chance gewartet hatte, ist ausgeschlossen. Er fühlt sich zu wohl bei Schloss Wackerbarth und genießt dort die Wertschätzung, die der Betrieb als prinzipiell ähnliche Einrichtung wie das Landesweingut für Sachsen-Anhalt im Freistaat erhält. Landesregierung & Co. in Dresden sehen in dem Radebeuler Schmuckkästchen einen jedem Gast vorzeigbaren Diamanten im sächsischen Portfolio.
