Schwere Zeiten für Suffolks
GLEINA - GLEINA- Zwischen den tieferen Tönen mischt sich ein schrilleres Blöken. Wolfgang Hoffmann braucht nicht einmal das Stalltor zu öffnen. Schon auf dem Weg zum Gebäude sind die Rufe der Lämmer zu hören. Sie sind klein, doch laut und quirlig. Mehr als 950 Tiere sind seit Beginn des Jahres hier auf dem Gelände der Agrargenossenschaft Gleina zur Welt gekommen. "Es hätten mehr sein können", sagt der 50-Jährige. Zwar sollen noch zwischen 120 und 130 geboren werden, aber die lang anhaltende und teils grimmige Kälte des Winters forderte ihren Tribut. "Einige Muttertiere haben den Nachwuchs, um ihn zu wärmen, erdrückt. Außerdem gab es eine Reihe an Komplikationen bei den Geburten", erzählt der Zootechniker mit Spezialisierung auf Schafe, der sich seit 24 Jahren als Tierarzt, Hebamme und Pfleger in Personalunion versteht. Nur die Stallwärme muss reichen, obwohl während einer Geburt eine optimale Temperatur von 38 Grad Celsius herrschen sollte.
Gemeinsam mit seinen Kollegen Andreas und Marco Jahn sowie Frank Münster kümmert sich Hoffmann im Schichtdienst um die Herde, versorgt vor allem die rund 1 250 Muttertiere mit ihrem Nachwuchs. "Es gibt sehr viel zu tun. Nachts machen wir Bereitschaft", erklärt Hoffmann weiter. In einem Buch, das er stets bei sich trägt, verzeichnet er über das ganze Jahr jedes Tier, auch die Todesfälle. Die Schafe der Agrargenossenschaft zählen zur Rasse Suffolk mit Urtyp Merino, die von den britischen Inseln stammt und als Fleischschaf bekannt ist. Während rund 250 Jungschafe für die weitere Vermehrung genutzt werden, tritt der Rest der kürzlich geborenen Tiere im passenden Alter den Weg in den Schlachthof an. Dabei sind Pflege und Zucht von Schafen kaum noch rentabel. Nicht nur der Fleischpreis sank, auch der für die Wolle "ging runter", wie Hoffmann schildert. Das "Kleid" der Tiere wurde im letzten Jahr nach China verkauft. "Es rechnet sich nicht", sagt der Genossenschaftsmitarbeiter und schaut zurück in die Vergangenheit: "Vor Jahren gab es noch in fast jedem Ort Schafhaltung. Die nächste ist heute in Saubach zu finden."
Weitere Einnahmen kommen aus der Landschaftspflege, die die Herde zwischen Frühjahr und Herbst erbringt - wenn sie zwischen Freyburg, Karsdorf, Weischütz und Dorndorf entlang der Unstrut auf einer Fläche von rund 240 Hektar unterwegs ist. In Naturschutzgebieten wie dem der "Toten Täler" mit seinem bekannten Orchideenreichtum tragen die Schafe vor allem zum ökologischen Gleichgewicht bei. "Man sieht genau, wo die Tiere geweidet haben. Sie helfen, die Orchideenarten zu erhalten", weiß der Zootechniker zu berichten.
Wann die Herde allerdings im Lenz die Ställe verlässt und auf die Weide ziehen kann, hängt von den kommenden Witterungsbedingungen ab. Ungewiss ist auch eines: Ob die Agrargenossenschaft an der Schafhaltung festhält. Bis 2013 werden noch Fördermittel für die Landschaftspflege ausgereicht. "Was dann wird, steht in den Sternen", bemerkt Hoffmann.