Raku - Abenteuer pur in Ton
NAUMBURG. - "Es ist das totale Abenteuer", schwärmte Dorothea Hentschel ohne den Blick von dem dampfenden Metalleimer - der Räuchertonne - zu wenden, aus dem nacheinander kohlrabenschwarze Gefäße herausgezogen wurden. Die 56-Jährige gehörte zu jenen Frauen und Männern, die sich auf dem Hof der Naumburger Keramikern Eva-Maria Pintz während des Sachsen-Anhalt weiten 6. Tags der offenen Töpferei in einer der ältesten Kulturtechnik probierten. Dabei saßen sie jedoch nicht an der Drehscheibe, um Gebrauchskeramik zu formen. Sie stellten vis-à-vis des Domes Raku-Gefäße her - organisiert über die Zeitzer Volkshochschule.
Das Besondere an der Raku-Keramik, die im 16. Jahrhundert vom koreanischen Töpfer Chojiro und vom Teemeister Sen No Rikyo entwickelt wurde, seien die sichtbaren Spuren der Zange, erklärte Eva-Maria Pintz. Weil die von den Teilnehmern geformte Keramik nach dem Brand im 900 Grad heißen Ofen nur eine Stunde in der Räuchertonne verbleiben muss, könnten die Hobbykeramiker am gleichen Tag ihre Stücke mitnehmen. Auch deshalb eigne sich Raku für einen Ein-Tages-Keramikkurs.
Dass Raku, was so viel bedeutet wie "Freude an der Muße, Glück, Wohlgefühl", hält was es verspricht, war den Teilnehmern anzusehen. Freudestrahlend und fasziniert fertigte Dorothea Hentschel einen mehrteiligen Turm, der später ihren Garten zieren soll.
Wenige Meter weiter im Steinweg hatte die nächste Keramikwerkstatt die Tore geöffnet: jene von Heidrun Wolff. Zwar hatte sie die kleine Drehscheibe für ihre Gäste aufgestellt, aber so recht traute sich keiner ans Werk. "Sie wollten viel wissen und ließen sich viel erklären", erzählte Heidrun Wolff. Vor allem Hobbykeramiker holten sich manchen Tipp von ihr - so zum Beispiel rund um die Brenntemperatur oder woran es liegt, dass ihre Keramik Risse bekomme. Da hilft sie gern weiter. "Aber mein Glasurrezept verrate ich nicht", so die 61-Jährige. Ihr Markenzeichen ist das mit blauen Blütentupfen verzierte weiße Geschirr. "Ich habe viele Sammler, die mit drei, vier Tellern und Tassen anfangen und später ihr Service vervollständigen. So verschicke ich meine Keramik deutschlandweit", sagte sie. Die Tage der offenen Töpferei bescherten ihr schon manch neuen Sammler.
Weder mit Tasse noch mit Teller verließen die Gäste die Werkstatt von Thomas Schulz. Die sind unter der Großkeramik in seinem Tonhaus auch nicht zu finden. Zu finden ist Schulz selbst mit seinem Tonhaus seit März unter einer neuen Adresse. Seine Zelte hat er in den Weinbergen abgebrochen und in der Neidschützer Straße wieder aufgeschlagen. "Hier habe ich viel mehr Platz und kann auch größere Sachen brennen", erzählte der Keramiker. Bevor er jedoch auf dem Platz vor dem ehemaligen Waldschlösschen die Gäste zum Töpferei-Tag, an dem er erstmals teilnahm, empfangen konnte, galt es, auf dem verwilderten Grundstück aufzuräumen. Dabei legte er den einstigen Gaststätten-Freisitz wieder frei, der unter einer mehrere Zentimeter dicken Erd-Rasenschicht verschwunden war.
Verschlossen blieb den Keramiktouristen die Werkstatt von Rolf Schultz. Am Tor an der Marienmauer wies ein Schild darauf hin, dass wegen Erkrankung die Pforte verschlossen bleiben müsse.
Während ihres diesjährigen Naumburger Töpfermarktes bieten Keramikerinnen und Keramiker aus nah und fern am 27. und 28. August auf den Marktplatz ihre Waren feil.