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Neuer Hit: Papa allein zu Haus

Von Harald Boltze 05.11.2007, 16:49

Naumburg. - "Die Entscheidung dazu kam von mir", sagte Klaschik rückblickend doch seine Ehefrau Silke Rossbach ergänzt schmunzelnd: "Wenn nicht, hätte ich bestimmt versucht, ihn dazu zu überreden". Da es der Gesetzgeber offen lässt, wann und wie viele Monate der Partner zu Hause bleibt, ist die Palette der Möglichkeiten groß. "Für mich kam es nicht in Frage, die ersten Monate allein mit Claire zu bleiben, das wäre ja auch nicht gut für sie gewesen". Im Hause Klaschik / Rossbach entschied man sich für die Luxusvariante - und Töchterchen Claire hatte in den ersten drei Monaten ihres Lebens sowohl Mama als auch Papa bei sich. "Mit den 300 Euro Erziehungsgeld, die es früher gab, wäre das finanziell nicht möglich gewesen. Doch drei Monate mit 67 Prozent meines Gehaltes, das geht schon eher."

Als er im Rathaus erstmals von der Idee erzählte, sei er auf Unterstützung getroffen. Vor allem OB Küper, selbst Vater einer Tochter, habe seine Entscheidung verstanden. Klar habe es im Kollegenkreis auch die eine oder andere skeptische Frage gegeben. Auch heute, wenn Klaschik mit der kleinen Claire im Tragetuch durch die Naumburger Innenstadt läuft, kassiert er manchmal ablehnende Blicke.

Dennoch: "Rückblickend war die Zeit wunderschön. Als Mann bekommt man die Entwicklung des eigenen Kindes hautnah mit. Da würde man auf Arbeit so viel verpassen." Und so wirkt auch jeder seiner Handgriffe im Umgang mit Claire, dem kleinen Bündel Leben, routiniert. Auch das Windeln, für manche Männer ein "Horror-Szenario", ist längst kein Thema mehr. Einzig schwierig waren Claires schmerzhafte Drei-Monats-Koliken. "Da haben wir aus der Familie viele Ratschläge bekommen. Durch Zufall merkten wir, dass langes Hüpfen auf dem Pezziball und Walzertanzen zu bretonischer Musik die besten Rezepten sind."

Was Stefan Klaschik nun bereits "erfolgreich absolviert hat", liegt für Volker Vachelmann noch in der Zukunft. Ab Februar wird sich der 40-jährige Angestellte im Naumburger Finanzamt ganz allein um die heute acht Monate alte Pia kümmern. Im Gegensatz zu Klaschik kann man Vachelmann schon fast als "alten Erziehungs-Hasen" bezeichnen. Schließlich hat er bereits seinen Sohn Ansgar (drei Jahre) und Bastian (zehn) mit durchs "Gröbste" gebracht. Auch die Vachelmanns sehen viele Vorteile in den "Vätermonaten". "Meine Frau kann nach drei Jahren zu Hause endlich wieder arbeiten gehen, und Pia ist trotzdem zwei Monate länger bei mir daheim. Der schriftliche Antrag ist außerdem viel einfacher als der fürs Erziehungsgeld." Ganz bewusst hat sich der 40-Jährige allerdings für die letzten zwei Monate im Elterngeld-Zeitraum entschieden. "Mit einem Jahr können sich die Kleinen mehr bewegen und mehr spielen. Ganz ehrlich, dann kann man auch als Mann mehr mit den Kindern anfangen." Doch auch Volker Vachelmann steht wahrlich kein Urlaub bevor. Wenn seine Frau als Krankenschwester im Naumburger Krankenhaus Frühschicht haben wird, heißt es für ihn: drei Kinder wecken, beim Anziehen helfen und mit Frühstück versorgen. "Zum Glück kennt sich mein Mann bei uns im Haushalt gut aus, ansonsten würde ich mir Sorgen machen", sagt die dreifache Mutter.

Dass Volker Vachelmann und Stefan Klaschik im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, mag Zufall sein. Dennoch glaubt Klaschik: "In der freien Wirtschaft wäre die Chance, auf einen verständnislosen Chef zu treffen, größer gewesen." So sei es wichtig, mit gutem Vorbild voranzugehen. Vielleicht wird dann das Modell "Papa allein zu Haus" irgendwann zum Normalfall.