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Hintergrund Hintergrund: Pfarrer macht Entdeckung bei Renovierung

03.09.2013, 16:15
Matthias Ludwig (r.) erläutert eine Urkunde mit dem Siegel des Bischofs Ulrich.
Matthias Ludwig (r.) erläutert eine Urkunde mit dem Siegel des Bischofs Ulrich. Matthes Lizenz

Naumburg/Görschen - Der Schatz ist weit gereist. Von Görschen ging es nach Köln, im Anschluss nach Naumburg. Stets gut behütet. Doch der Reliquienfund in der Kirche St. Crucis zu Görschen könnte mit weit mehr Orten und Ländern verbunden sein und viel zu erzählen haben. Eine neue Ausstellung im Naumburger Dom, in der Turmschatz- sowie in der Johanneskapelle, versucht, von dieser Geschichte zu berichten. Denn nicht nur die insgesamt 30 hochmittelalterlichen Objekte, darunter 15 textile Bündel, die noch zehn Reliquien erhalten, sind ab sofort dort zu sehen. Auch die Ergebnisse der Fachhochschule Köln stehen nun im Mittelpunkt der Öffentlichkeit.

Nach dem Wiederfund 2010 wurde das Tongefäß mit seinem historisch und kirchlich überaus wertvollen Inhalt im Frühjahr aus dem Altar gehoben und von Wissenschaftlern des Zentrums zur Erforschung antiker und mittelalterlicher Textilien untersucht. „Wir haben die einmalige Gelegenheit ergriffen. Während die Forschung zu Reliquienbesitz in Bischofs- und Stiftskirchen intensiv geführt wird, ist das Wissen in Bezug auf örtliche Pfarrkirchen eher gering“, betonte Barbara Pregla, Referentin aus dem Sachgebiet Bauforschung am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. Neben der Hochschule und dem Landesamt wirkten zudem die Vereinigten Domstifter, das Kirchspiel Görschen-Stößen, die Landeskirche sowie der Kirchenkreis an der besonderen Initiative mit. „Das war ein spannender Moment, als der Schatz gehoben wurde“, erinnerte sich Superintendentin Ingrid Sobottka-Wermke an jenen Augenblick im vergangenen März (Tageblatt/MZ berichtete). Sie bedankte sich vor allem bei der Kirchengemeinde und speziell beim Gemeindekirchenratsvorsitzenden Bernd Donath. „Ein Schatz sind auch die Menschen, die sich um den Erhalt der Kirchen kümmern“, so Frau Sobottka-Wermke.

Beachtliches fanden die Wissenschaftler mit Hilfe von UV-Licht, Infrarot-Spektroskopie, Videomikroskop und Röntgenstrahlen heraus. So waren die Reliquien wie Knochenreste, ein Zahn sowie Weihrauch-Partikeln in Seide aus Spanien gehüllt. Kleine Schildchen aus Pergament verwiesen auf den Namen des jeweiligen Heiligen; identifiziert werden konnten Überreste der 11 000 Jungfrauen sowie von einem der namensgleichen Apostel Jakobus. „Eine große Fehlstelle am Gefäß lässt auf eine gewaltsame Öffnung schließen“, erläuterte Kerstin Riepenhausen von der Fachhochschule Köln. Außerdem seien die Kultstücke vermutlich aus mehreren Beständen zeitlich rund um die Weihe der Kirche 1310 zusammengetragen worden.

Mit der Schau im Dom als Mutterkirche werde der Schatz und die Dorfkirche gewürdigt, so Matthias Ludwig, der das Projekt seitens der Domstifter begleitete. Nach der Schau werden die Reliquien wieder „nach Hause“ gebracht.