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Herbst '89 Herbst '89: "Neue Köpfe müssen ran!"

Von albrecht günther 23.10.2014, 08:18
100 Tage als Landrat im Amt: Götz Ulrich am Schreibtisch.
100 Tage als Landrat im Amt: Götz Ulrich am Schreibtisch. Peter lisker Lizenz

Naumburg - Am heutigen 23. Oktober ist Landrat Götz Ulrich (CDU) genau 100 Tage im Amt. In zwei Wahlgängen im Mai und Juni war er in diesem Jahr gewählt worden und trat die Nachfolge von Harri Reiche an, der seit der Fusion des Burgenlandkreises mit dem Kreis Weißenfels 2007 Landrat war und davor schon ab 2001 im alten Burgenlandkreis. Birger Zentner sprach über die ersten 100 Tage mit Götz Ulrich.

Im Büro steht zwar jetzt ein Computer auf dem Schreibtisch des Landrates, sonst hat sich kaum etwas verändert. Haben Sie mit dem Dienstzimmer auch alles andere von Ihrem Vorgänger Harri Reiche übernommen?

Ulrich: (lacht) Das wurde und wird mir immer mal wieder geraten. Es kam oft vor, dass mir jemand auf die Schulter klopfte und meinte, ich könne ruhig so weitermachen wie Harri Reiche. Aber ich bin ein anderer, ich bin eine eigenständige Persönlichkeit. Also werde ich nicht alles machen wie mein Vorgänger, was nicht heißt, dass er keine gute Arbeit geleistet hätte.

Was hatten dann die ersten 100 Tage zu bieten außer Schulterklopfen?

Ulrich: Erst einmal das Gefühl, dass ich in dem Amt angekommen bin. Zum Zweiten, dass ich überrascht worden bin, wie viele Einladungen zu repräsentativen Terminen kommen. Und drittens, dass ich vieles neu organisieren muss, was die Familie betrifft.

Wann sehen Sie Ihre Frau und Ihre drei Kinder?

Ulrich: Das Frühstück ist ein Punkt am Tag, an dem alle Familienmitglieder zusammenkommen, bevor kurz nach 7 Uhr alle starten. Und ich möchte, wenn es irgendwie geht, mir den Sonntag für die Familie freihalten.

Geboren wurde Götz Ulrich in Naumburg. Er ist 45 Jahre alt und hat sich als bodenständig erwiesen. Aufgewachsen in Bad Bibra, legte er in Schulpforte das Abitur ab und studierte in Halle und Erlangen Jura. Im Jahr 2000 kehrte Ulrich zurück in die Region. Er war Leiter der Verwaltungsgemeinschaft An der Finne, später Bürgermeister der 2009 entstandenen gleichnamigen Verbandsgemeinde. Einige Jahre fungierte er als Fraktionsvorsitzender der CDU im Kreistag. Er ist auch Kreisvorsitzender der Partei. Ulrich ist verheiratet mit der Ärztin Petra Ulrich und hat mit ihr drei Kinder.

Eben das hätte dann auch Auswirkungen aufs Repräsentieren; und wer lädt Sie eigentlich so alles ein?

Ulrich: Das reicht vom Briefmarkenverein bis hin zum französischen Botschafter. Ich musste schon Termine absagen und werde das sicher auch weiterhin tun, aber nicht nur wegen der Familie, sondern weil ich sonst gar nicht zu meiner eigentlichen Arbeit komme.

Die Umstellung vom Bürgermeister An der Finne zum Landrat war also offensichtlich ziemlich groß?

Ulrich: Das ist sicher richtig, obwohl mir viele Abläufe aus dem kommunalpolitischen Alltag vertraut sind. Ich musste andererseits mir in der neuen Funktion erst einmal einen Überblick über die Verwaltung verschaffen. Es ist mir noch nicht gelungen, mit den Beschäftigten aller Ämter zu sprechen. Das bleibt aber für mich auf der Tagesordnung.

Wie sind Sie eigentlich im Landratsamt aufgenommen worden? Mussten Sie da erst einmal sozusagen die „Hackordnung“ klarstellen?

Ulrich: Nein, ich hatte eher im Gegenteil das Gefühl, mit offenen Armen oder wenigstens unvoreingenommen empfangen zu werden. Ich habe mich ja auch nicht damit eingeführt, alles durcheinanderzuwirbeln, sondern zum Beispiel den personellen Bereich des Landrates übernommen, wie ich ihn vorgefunden habe. Es gab bisher keinen Grund zu Änderungen.

Außer, dass Sie Ronny Just von der Finne mitgebracht haben?

Ulrich: Das ist richtig, aber er arbeitet auf einer Stelle, die unbesetzt war. Er soll sich im Bereich Öffentlichkeitsarbeit vor allem um die digitalen Dinge kümmern.

Wird es einen neuen Internetauftritt des Burgenlandkreises geben?

Ulrich: Wir arbeiten bereits an grundlegenden Änderungen. Unsere Internetseiten müssen barrierefrei gestaltet werden. Wir denken auch über einen eigenen Youtube-Kanal nach, um direkte Botschaften in die Öffentlichkeit bringen zu können.

Wird es dann im digitalen Zeitalter auch mal eine digitale Sprechstunde, zum Beispiel einen regelmäßigen Live-Chat mit Ihnen geben, da Sie sich bekanntermaßen den neuen Medien wie Facebook und Twitter gegenüber aufgeschlossen zeigen?

Ulrich: Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, halte es aber für sinnvoll.

Was waren für Sie die schwierigsten Aufgaben, die sie gleich in der Startphase anfassen mussten?

Ulrich: Da gab es einige. Zum Beispiel die Klärung der Situation um die in Naundorf lagernden Abfälle, die zahlreichen Brände dort und die Beseitigung des Abfalls. Das bekommen wir Zug um Zug in den Griff. Ein anderes Beispiel ist die Unterbringung von Asylbewerbern beziehungsweise Flüchtlingen. Das ist eine große Herausforderung, wie sich im Fall von Eckartsberga gezeigt hat. Eine Herausforderung ganz anderer Art war für mich, wie ich im Auto Akten und andere Unterlagen studieren kann.

Das müssen Sie näher erklären?

Ulrich: Bislang ist mir immer übel geworden, wenn ich im fahrenden Auto gelesen habe, obwohl mein Fahrer sehr ruhig fährt. Ich habe mich mittlerweile überwunden, das musste ich einfach, sonst schaffe ich den Papierkram nicht. Als ich vorige Woche im Partnerkreis Bergstraße war, habe ich die vier Stunden Hinfahrt und auch die Rückfahrt problemlos zum Aktenstudium nutzen können.

Was kommt jetzt als nächste Aufgabe?

Ulrich: Den Antrag für die Aufnahme in die Metropolregion Mitteldeutschland im Kreistag durchbringen und den Haushalt 2015 durchbringen. Letzteres wird deshalb schwierig, weil wir mit einem Millionen-Defizit planen müssen.