Gift-Ungetüm schlägt Wurzeln
Naumburg/Freyburg. - Seine Bekämpfung ähnelt einer Sisyphos-Arbeit. "Der Riesen-Bärenklau ist bei uns auf dem Vormarsch und sehr robust. Die Samen der Pflanzen bleiben über mehrere Jahre keimfähig", sagte Hubertus Lettau, Fachberater für den Regionalverband der Gartenfreunde Saale-Unstrut-Querne aus Naumburg.
Nachdem das Tageblatt / MZ über einen Fund nahe des Freyburger Schwimmbades berichtet hatte, meldeten sich Nutzer des Forums "myheimat" mit ihren Beobachtungen, so am Radweg zwischen Schulpforte und Naumburg sowie in Nebra. Paragraf 40 des Bundesnaturschutzgesetzes schreibt nun vor, dass gegen nichtheimische Pflanzen, dazu zählt eben der Riesen-Bärenklau, unverzüglich geeignete Maßnahmen einzuleiten sind durch die zuständige Behörde. Laut Rolf Hausch, Sachgebietsleiter bei der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises, sei diese Aufgabe den Ordnungsämtern der Kommunen vorbehalten. "Wir sind nicht die Bärenklau-Beseitiger. Die Pflanze sollte nicht überschätzt werden", bemerkte Hausch nüchtern. Wenn allerdings eine Gruppe Landschaftspfleger unterwegs sei, würde sie handeln, erläuterte der Sachgebietsleiter weiter.
Im Fall des Freyburger Fundes wurde der Fall zwar vom Ordnungsamt der Verbandsgemeinde Unstruttal zum Bauamt weitergeleitet. "Letzten Endes sah das Amt jedoch Handlungsbedarf", so Freyburgs Bürgermeister Udo Mänicke. Eine Firma wurde schließlich beauftragt. "Ich denke, wir sind nun mit diesem Fall sensibilisiert worden. Viele sehen die Pflanze, wissen aber nicht, welche Gefahr sie darstellt", so Mänicke. Auch in Naumburg reagiere man auf Hinweise. "Das Thema ist uns bekannt", sagte Stadtsprecher Felix Müller. Katrin Lena Schneider von der Koordinationsstelle Invasive Neophyten in Schutzgebieten (Korina) kennt die Fragen nach der Zuständigkeit, wer nun dem Giganten an die Wurzeln darf und dies auch kontinuierlich macht, denn ein Eingreifen sei auf alle Fälle notwendig. "Die Behörden sind meist überfordert, haben wenig Zeit und wenig Geld", sagte Schneider und zeigt Verständnis. Deshalb ruft die Koordinationsstelle, die am Unabhängigen Institut für Umweltfragen in Halle beheimatet ist, die Bürger auf, Funde zu melden, um das Vorkommen konstant zu kartieren. Eine interaktive Karte von bisher bekannten Stellen ist im Internet einsehbar. "Wir wollen Maßnahmen gegen Riesen-Bärenklau und andere invasive Neophyten in Schutzgebieten koordinieren. Dazu ist ein besserer Überblick über die Verbreitung der Art auch außerhalb der Gebiete wichtig", erklärte die 43-Jährige. Der Einwanderer wird nicht nur für den Menschen gefährlich. Er verdrängt heimische Pflanzen in seiner Nähe, die aufgrund der Größe des Gewächses weniger Licht bekommen. Auch sollen Vergiftungen von Weidevieh vorkommen. Zudem erhöht er an Fließgewässern die Erosionsgefahr. Doch die Beseitigung sei eine Herausforderung, so Schneider. "Die Bekämpfung ist nicht beim ersten Mal getan. Das ist ein langfristiges Projekt über Jahre", betonte die Koordinatorin. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Naturschutz kostet die Beseitigung jährlich zehn Millionen Euro. Dem Gegenüber stehen Behandlungskosten infolge der Vergiftung in Höhe von über einer Million Euro.
Für den Gartengebrauch hat Pflanzenexperte Hubertus Lettau Tipps parat: "Die Pflanze sollte am besten im Frühjahr weggemäht oder ausgegraben werden." Später kann der Blütenstand abgeschnitten werden, um die Samenbildung zu verhindern. Pflanzenteile müssen vernichtet, am besten verbrannt werden. Eine Kontrolle des Standortes auf Keimlinge ist Pflicht. Benutzte Geräte sollten gereinigt werden. Während der Maßnahmen ist eine wasserfeste Schutzkleidung ein Muss.